Ein Leben für den Sport
Lehrer, Sportler, Sportorganisator und –funktionär Betrachtet man die Entwicklung des Sports in den Nachkriegsjahren in Laage, so ist dieser in erster Linie mit dem Namen Willi Arndt verbunden.
Er war es, der entscheidenden Akzente beim Aufbau des Schul- und Vereinssparts setzte. Eine besondere Vorliebe empfand er für die Leichathletik, die er in Laage praktisch aus dem Nichts aus der laufe hob. Die von ihm trainierten Leichtathleten der BSG „Traktor“ bestimmten in den folgenden Jahren das Niveau der Wettkämpfe der Sportvereinigung „Traktor“ im Bezirks- und Republikmaßstab mit.
Wer war nun dieser Willi Arndt, vielen nur als „Papi“ Arndt bekannt, woher kam er, wie verlief sein Lebensweg?
Willi Arndt wurde 1917 in Stolp, dem heutigen Slupsk, in Polen gelegen, als Sohn eines Tischlers geboren. Als Jugendlicher interessierte er sich besonders für die Leichtathletik und wurde Mitglied des dortigen Sportvereins. Schon damals hatte er den Wunsch, einmal Turnlehrer zu werden. Nach dem Besuch der Mittelschule hätte er sich dann über einen weiteren Bildungsweg für ein Studium qualifizieren müssen. Die finanzielle Lage der Familie, die Eltern hatten vier weitere Kinder zu ernähren, ließen seinen Berufswunsch scheitern und seinen Traumberuf in weite Feme rücken.
Nach einer Tätigkeit bei der Reichsbahn verpflichtete ihn der Reichsarbeitsdienst, bevor er mit Beginn des 2. Weltkrieges zur Wehrmacht eingezogen wurde. Im Raum Güstrow stationiert, heiratete er 1941 in Güstrow. Seine Ehefrau Elfi Arndt und die 1942 geborene Tochter Heidi hatten während des Krieges ihren Wohnsitz in Güstrow während er im Fronteinsatz war. Er hatte das Glück diesen mörderischen Krieg unversehrt zu überstehen und kehrte so zu seiner Familie nach Güstrow zurück.
1947 zog die Familie nach Laage. Willi Arndt begann als Neulehrer den Schuldienst an der Zentralschule. Nach der Gründung der DDR und dem 1950 erlassenen Jugendgesetz, das unter anderem die Förderung von Körperkultur und Sport ausdrücklich festschrieb konnte Willi Arndt endlich seinen Jugendtraum realisieren und sich durch den Besuch von Lehrgängen zum Sportlehrer qualifizieren. Von der Landesregierung Mecklenburgs erhielt er danach die „Genehmigung des Unterrichts in der Körpererziehung“.
Mit beispielhaftem Elan begann er als verantwortlicher Sportlehrer mit der Organisation des Sportunterrichts und der Schaffung materieller Grundlagen für denselben. Alte Sportgeräte, wie z.B. ein Parallelbarren ein Spannreck, ein Sprungkasten und drei Bodenturnmatten aus den Vorkriegsjahren wurden verstaubt in einem Saal entdeckt, repariert und im Sportunterricht im Saal des Hotels „Stadt Brandenburg“ genutzt. Das Fehlen einer Aschenbahn für das Lauftraining wurde durch die Nutzung der Wege des Laager Stadtwaldes kompensiert. Der Weg für die 75m Sprintgerade wurde in regelmäßigen Abständen gefegt und mit provisorischen Startmaschinen versehen. Für die allgemeine Konditionierung bot der Laager Stadtwald sowohl für den Schulsport als auch für den Leichtathletik- Vereinssport optimale Bedingungen, die bis zur Wende auch weiterhin von den Schulen genutzt wurden.
Sorgen bereiteten ihm jedoch die nach wie vor unzulänglichen Sportanlagen in Laage. Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass im Juni 1954 mit dem Bau einer neuen Sportanlage auf dem Gelände des alten Sportplatzes begonnen wurde. Vorher hatten Sportler der BSG und Schüler der oberen Klassen der Zentralschule notwendige Vorarbeiten (Fällen und Bergen von Bäumen, Erdarbeiten etc.) geleistet, so dass der Baubeginn termingerecht eingehalten werden konnte. Für diesen Bau wurden dem Rat der Stadt und dem Trägerbetrieb MTS Laage/Breesen 115000 Mark aus Investitionsmitteln und aus Totomitteln zur Verfügung gestellt und verbaut. Am 10.10.1955 wurde die neue Anlage dem Trägerbetrieb in einem Festakt übergeben. Fehlende Sprung- und Wurfanlagen wurden in der Folgezeit durch hunderte freiwillige Aufbaustunden nachgerüstet. Nach Fertigstellung wurde die komplette Anlage mit einem nationalen Sportfest eingeweiht. Die neue Anlage mit einer 400m Rundbahn, Sprung- und Wurfanlagen und einem gepflegten Großfeldrasenplatz für Handball, Fußball und Faustball zählte nach Willi Arndts Aussage und Meinung der Sportbegeisterten zu den schönsten Anlagen des Bezirkes. Mit der Fertigstellung dieser Anlage hatten sich für den Schulsport und den Trainings- und Wettkampfbetrieb die Bedingungen für die aktiven Sportler grundlegend verbessert.
In den folgenden Jahren war Laage nicht nur prädestiniert für Waldlaufmeisterschaften, sondern auch für Leichtathletikwettkämpfe in allen Disziplinen. Im Jahre 1957richtete die BSG z. B. einen bezirksoffenen Werferlag aus, der großen Resonanz fand. 1958 schloss sich ein Bahneröffnungssportfest des Kreises an, bei dem sich die Laager Athleten nach der Winterpause schon in guter Form zeigten. Einige herausragende Sieger seien erwähnt: In der Schüler- und Jugendklasse (bei Teilnahme der Kinderjugendsportschule-KJS Güstrow) gewann Brigitte Braun das Speerwerfen, Horst Dohse den Hoch- und Weitsprung, Ulrich Stamann die 100m und den Weitsprung, Alfred Matthäus das Speerwerfen. Bei den Männern hießen die Sieger Ralf Klaus über 200m, Gernot Meyer im Hochsprung, Rolf Neusehei im Dreisprung. Bei den Frauen hießen die Siegerinnen Marianne Eschholz im Weitsprung, Lotti Steinfeld im Kugelstoßen.
Willi Arndt sah mit Genugtuung, dass die von ihm gelegte Saat aufging und Laager Athleten sich auf Kreis- und Bezirksebene weiterhin behaupten konnten. Der weiteren Entwicklung des Schulsports und der außerschulischen sportlichen Betätigung der Schüler Rechnung tragend, wurde Willi Arndt durch die Abteilung Volksbildung beim Rat des Kreises Güstrow als Turnwart nach Güstrow berufen. Die täglichen Fahrten zum neuen Arbeitsplatz hielten ihn aber nicht davon ab, das Training der Laager Leichtathleten weiter zu leiten.
Anfang der 1960er- Jahre zog die Familie Arndt dann nach Güstrow. Zuvor delegierte er im Frühjahr 1961 mit Rolf Bernd den ersten Leichtathleten der BSG zum SC „Traktor“ Schwerin. Bei den Deutschen Meisterschaften der Jugend 1960 in Schwerin hatte er mit einem 4. Platz im Endlauf über 400m, Bezirksmeistertiteln über 100, 400, 800m und Siegen über die gleichen Strecken beim III. Internationalen Landessportfest auf sich aufmerksam gemacht.
Nach dem berufsbedingten Umzug der Fam. Arndt übernahm dann Heinz Stemwedel das Leichtathletiktraining in Laage.
Der berufliche Wechsel nach Güstrow, so schmerzlich er für Willi Arndt auch gewesen sein mag, hielt ihn jedoch nicht davon ab, mit dem gleichen Elan wie in Laage die Probleme anzupacken. Neben der beruflichen Tätigkeit baute er in kurzer Zeit bei der BSG „Einheit“ Güstrow eine Sektion Leichtathletik auf und übernahm deren Leitung. Er bildete Übungsleiter aus, kümmerte sich um die leichtathletischen Anlagen und war als Übungsleiter mehrmals in der Woche tätig. Auch hier trug seine Arbeit Früchte. Die Kinder und Jugendlichen der BSG „Einheit“ gehörten auch bald zu den Besten im Bezirk.
Da im Trainingsstützpunkt für Leichtathletik dieser BSG die talentiertesten Athleten der Schulen der Stadt trainierten, bereitete Willi Arndt im Laufe der Jahre etliche von ihnen auf die Delegierung an die KJS von Güstrow vor.
Unter Willi Arndt’s Führung erfuhr aber nicht nur der Schulsport eine Neuausrichtung, sondern auch der Vereinssport. Um diese Feststellung zu untermauern, sei an dieser Stelle vermerkt, dass er sich in der 1947 gegründeten BSG Traktor Laage, neben seiner Lieblingssportart Leichtathletik, auch für die Entwicklung anderer Sportarten wie #Fußball, #Handball und #Volleyball einsetzte. Lange Zeit war er auch Vorsitzender der BSG Traktor. Seine größten sportlichen Erfolge errang er jedoch mit der Leichtathletik. Innerhalb weniger Jahre formte Willi Arndt im Rahmen der damaligen zentralen Sportvereinigung „Traktor“ eine leistungsstarke Sektion der Leichtathletik der BSG Traktor Laage mit 36 Erwachsenen und 40 Jugendlichen.
Bei der Landesspartakiade im Juni 1952 in Schönberg waren Laager Athleten mit 12 Siegen am erfolgreichsten. Dieser Erfolg konnte bei der Bezirksspartakiade
im Juni 1953 in Karstadt noch ausgebaut werden. Die Laager Mannschaft erkämpfte mehr als die Hälfte der zu vergebenden Titel. Dazu gab es die Presseschlagzeile:
Laager Leichtathleten erfolgreichste Delegation auf der Bezirksspartakiade
Dieser Leistungsanstieg basierte auf einem intensiven, planmäßigen und ganzjährigen Training. In die Siegerliste trugen sich bei den Erwachsenen Lotti Steinfeld, Hans Janson, Ludwig Stüdemann und Hans Koß, in den Jugendklassen Klaus Rüstow (6 Siege), Dieter Böldt, Günther Gaevert, Gerhard Ahrens, ErnstAugust Dahl, Susanne Lehmann, Christei Dalisda, Ediht Jöns, Karla Niemann, Lydia Göldenitz und Ingrid Lux ein.
Einen ausgezeichneten 2. Platz erkämpfte die Mannschaft auf der II. und III. Zentralen Spartakiade der SV „Traktor“ in Landsberg (Saale) im August 1952 und 1953. Sie gehörte damit zu den besten Leichtathletikmannschaften der SV Traktor in der DDR.
Herausragende Athleten der genannten Wettkämpfe waren Klaus Rüstow, der als B-Jugendlicher Medaillen in den Sprint-, Sprung- und Wurfdisziplinen und im Mehrkampf errang und mit den erzielten Leistungen vordere Plätze in der DDR-Bestenliste belegte (Speerwurf 1. Platz) und somit zu den leistungsstärksten und hoffnungsvollsten Leichtathleten seiner Altersklasse in der DDR gehörte. Leider setzte 1956 ein tragischer Unfall seinem Leben ein Ende. Im Sprintbereich der Männer über 100m und 200m war Hans Janzon erfolgreich. Bei den Frauen dominierte Lolli Steinfeld in den Sprint- und Sprungdisziplinen und im Mehrkampf. Bei der männlichen und weiblichen Jugend waren es die bereits aufgeführten Sportler. Für seine verdienstvolle Tätigkeit als Übungsleiter und Funktionär wurde Willi Arndt im Rahmen der III. Zentralen Spartakiade mit der Ehrennadel der SV Traktor ausgezeichnet. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass seine unermüdliche Arbeit auf sportlicher Ebene eine große Toleranz seiner Familie erforderte, da durch die Geburt zweier weiterer Töchter die familiären Belastungen zunahmen.
1953 nahm Hans Janzon die Tätigkeit als Sportinstrukteur der BSG „Traktor“ in Laage auf, so dass der Trainingsbetrieb intensiviert werden konnte und eine weitere qualitative Aufwertung erfuhr. Die Leistungen der Laager Leichtathleten auf Kreis- und Bezirksebene in den folgenden Jahren verdeutlichen dieses.
So reiste Willi Arndt mit einer Auswahl Laager Leichtathleten zur Teilnahme an einem Nationalen Sportfest 1953 nach Schwerin, an dem Sportler aus Mecklenburg und Schleswig- Holstein teilnahmen. Bei der Kreismeisterschaft 1954 in Güstrow war „Traktor“ Laage mit 37 von 60 möglichen Titeln wieder mit Abstand die erfolgreichste BSG.Die Bezirksmeisterschaften 1955 in Wittenberge sahen Laager Athleten auf den Medaillenrängen. Hervorzuheben die Bezirksrekorde durch Klaus Rüstow über 110m Hürden und durch Lolli Steinfeld über 80m Hürden.
Aufgrund seiner fachlichen Kompetenz wurde Willi Arndt Anfand der 1950er-Jahre als KFA Vorsitzender des Kreises Güstrow berufen und übernahm 1955 den Vorsitz im Bezirksfachausschuss Leichtathletik des Bezirkes Schwerin, den er 10 Jahre ausübte. In dieser Funktion setzte er wesentliche Akzente bei der weiteren Entwicklung der Leichtathletik im Bezirk Schwerin. In dieser Zeit weilte er auch als Mitglied einer Sportlerdelegation im Moskauer Dynamostation und erlebte das Fußballländerspiel UdSSR gegen die BRD im Jahre 1955.
Mit der Gründung der KJS 1955 in Güstrow und des SC „Traktor“ Schwerin im folgenden Jahr wurden somit auch im Bezirk Leistungszentren geschaffen, in denen in den folgenden Jahrzehnten auch Leichtathleten der internationalen Spitzenklasse heranreiften. Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang, dass durch die unermüdliche Arbeit vieler ehrenamtlicher Übungsleiter die besten Athleten, auch aus dem Bereich der SV „Traktor“ den Weg in die entstandenen Sportclubs gingen und dort eine der neuen Säulen der Leistungszentren waren. Für den SC „Traktor“ trifft das z.B. für Walter Krüger zu, der 1960 bei den Olympischen Spielen in Rom Silber im Speerwurf erkämpfte, Gisela Breier 800m Läuferin der DDR Spitzenklasse, Bruno Guse, mehrfacher DDR-Meister im Boxen. Der später erfolgreichste unter ihnen war forsten Voß, der als Athlet des SC „Traktor“ Schwerin 1987 Weltmeister im Zehnkampf wurde. Mit der Gründung des SC „Traktor“ ging Hans Janzon als LA-Trainer zum Club. Die Sektion verlor damit ihren besten Sprinter im Männerbereich und gleichzeitig einen engagierten Übungsleiter an der Seite von Willi Arndt. Für diesen bedeutete dieser Umstand noch mehr Arbeit, die Anspannung aller Kräfte, den weiteren Verzicht auf freie Wochenenden mit der Familie. Selber empfand er diese Belastung aber nie als Mühsal, sondern als Berufung des von ihm gewählten Weges.
Ende der 1970er-Jahre zwang ihn dann eine nicht reparable Krankheit, hervorgerufen durch eine nichtauskurierte Lungenentzündung, zur Aufgabe seines Traumberufes als Pädagoge und seiner Tätigkeit als erfolgreicher Übungsleiter. Der Leichtathletik blieb er aber trotzdem treu, war noch Jahre im BFA Schwerin als Leiter der Kommission Klassifizierung tätig. Das Fachblatt „Leichtathletik“ schrieb:
Willi Arndt gehört zu den Männern der ersten Stunde, die das Fundament legten, auf dem die Leichtathletik des Bezirkes (und darüber hinaus) heute steht.“
Fachblatt Leichtathletik
Staatliche Auszeichnungen sowie die höchste Auszeichnung des DTSB, die „Friedrich Ludwig Jahn Medaille“ waren Anerkennung für sein unermüdliches und erfolgreiches Wirken als Pädagoge und Sportfunktionär. Im Alter von nur 67 Jahren verstarb Willi Arndt 1984 in Güstrow. Die von ihm entdeckten und trainierten Athleten werden „Papi“ ein ehrendes Andenken bewahren.
Quellen:
SVZ, Fachblatt Der Leichtathlet Aufzeichnungen von Roll Berndt, Heino Rüstow und Fam. Arndt
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