Laager Erinnerungen

Eine Zeitreise durch Laage

Die Geschichte des Dorfes Breesen

Die Entwicklung des Ortsteils Breesen und meine Erinnerungen an das Leben auf dem Bauernhof | Teil 1

Seit vielen Jahrhunderten gibt es das Bauerndorf Breesen und es gehört wohl zu den ältesten Gemeinden in Mecklenburg. Breesen ist nach dem 2. Weltkrieg ein Ortsteil von Laage geworden. Auch im heutigen Mecklenburg-Vorpommern ist Breesen im Herzen von Mecklenburg zu finden.

Es gibt mehrere Breesen im Lande, auch Klein- und Groß-Breesen , aber nur ein Breesen über Laage.

Breesen

Mit der Einführung der Postleitzahlen (PLZ) zu DDR-Zeiten hieß diese 2601 und in heutiger Zeit 18299 als Ortsteil von Laage.

Nach Beendigung des zweiten Weltkrieges wurde der Breesener Friedrich „Fiete“ Möller, der in der Häuslerreihe Nr. 56 wohnte, von der SMAD (Sowjetische-Militär- Administration) als Bürgermeister von Breesen eingesetzt. Somit leitete er die Übergabe zur Stadt Laage ein. Damit endete die Eigenständigkeit des jahrhundertealten Bauerndorfes Breesen. Alle Strukturmaßnahmen, von Bau- bis Versorgungsmaßnahmen etc. werden im jetzigen Ortsteil Breesen von der Stadt Laage verwaltungsmäßig erledigt.

Damit hat auch der Ortsteil Breesen eine weit über 50jährige Zugehörigkeit zu Laage, das ja im Jahr 2016 auf 800 Jahre zurückblicken kann. Übrigens fand ich in Chroniken im Landeshauptarchiv Schwerin, dass man vom „Breesener Viertel“ als Stadtteil von Laage spricht. Als weitere Verewigung ist die längste Straße und Hauptgeschäftsstraße in Laage, die Breesener Straße, zu nennen. Sie führt vom Marktplatz in Richtung Breesen und ist fester Bestandteil der neu erblühten Stadt Laage.

Der Ortsteil Breesen hat eine lange Entstehungsgeschichte und Tradition über Jahrhunderte – ein geschichtlicher Abriss:

Als im 4. Jahrhundert nach der Zeitenwende die große Völkerwanderung begann wurde das Land Mecklenburg von germanischen Stämmen bewohnt. Zwischen dem 6. und 12. Jahrhundert siedelten sich in Mecklenburg und dem angrenzenden Pommern slawische Volksstämme an, die oft unter dem Sammelnamen „Wenden“ zusammengefasst wurden. Ortsnamen, wie Wendisch-Priborn oder Wendisch-Baggendorf zeugen noch heute davon. 

Im 12. Jahrhundert eroberte der Sachsenfürst Heinrich der Löwe diese Gebiete zurück. Die christliche Religion wurde eingeführt und Kirchen und Klöster gebaut. In dieser Zeit siedelten verstärkt deutsche Bauern aus dem Westen in Mecklenburg, so auch in dem kleinen Dorf Breesen bei Laage. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurden acht Bauernhöfe in Breesen gezählt. Unter den damaligen Siedlern befand sich auch die Familie Kellermann, wie es in einer 22seitigen Schrift der Familie Kellermann hinterlegt ist.

Durch Recherchen in den verschiedensten staatlichen, kirchlichen und privaten Online-Portalen, vorhandenen Büchern in der Landesbibliothek in Schwerin und schriftlichen Nachlässen und Texten wurde meine Neugier insofern bestärkt, mehr über den Ort Breesen und eventuell meine Vorfahren in Erfahrung bringen zu können.



Als während der Herrschaft des Nationalsozialismus jeder Volksgenosse seine arische Abstammung nachweisen musste, hat ein Mitglied der Familie Kellermann nachgewiesen, dass die Familie rund 700 Jahre auf ihrem etwa 50 ha großen Bauernhof ansässig war.

Viele exakt geführte Kirchenbücher, wie es sie von den Kirchenämtern im Zentralarchiv gibt und die seit der Wende 1989 alle im Zentralarchiv in der Landeshauptstadt Schwerin aufbewahrt werden und Aufschluss über Jahrhunderte geben könnten, sind nicht mehr vorhanden.

Durch die Stadtbrände in Laage 1569 und 1759 wurden auch die Lagerorte (zum Teil in Kirche und Pfarrhaus) mit den urkundlichen Nachweisen über Geburt, Eheschließung, Sterberegister etc. vernichtet. Durch Plünderungen während des 30-jährigen Krieges wurden wichtige Urkunden und Stadtschriften der Stadt Laage in Rostock entdeckt. Nach dem großen Stadtbrand in Rostock, am 11.08. 1677, wurden auch diese nicht mehr wiedergefunden. Sicher ist, dass es im Ortsteil Breesen – wie auch in der Laager Gegend – schon 4000 bis 1800 vor unserer Zeitrechnung Funde aus der Jungsteinzeit gab. Es sind wohl älteste Spuren, die auf eine Besiedlung hinweisen können.

Ich möchte die Spuren der Vergangenheit und die Entwicklung meines ehemaligen Heimatdorfes Breesen und jetzigen Ortsteils von Laage versuchen zu verfolgen und mit Hilfe Breesener und Laager Zeitzeugen und auch Kenner bzw. Freunde von Breesen aufzuzeichnen. Zugleich hoffe ich, trotz aller Hindernisse, auch die Geschichte der Kellermann–Familie verfolgen zu können.

Nach dem 30-jährigen Krieg (1618-1648) residierte der kaiserliche Feldherr Wallenstein im herzoglichen Schloss in Güstrow. Es blieb nicht aus, dass die Söldner im ganzen Kreis und von Dorf zu Dorf zogen und auf den Bauernhöfen nicht nur Lebensmittel und Pferdefutter requirierten, sondern auch Wertgegenstände mitgehen ließen.

Da Laage als Brückenort an der Hauptdurchzugsstraße nach Tessin/Demmin und auch nach Teterow bis nach Berlin lag, hatte auch das Dorf Breesen unter den kriegerischen Ereignissen zu leiden. Die Seuchen, namentlich die Pest, die als Begleiterscheinung des 30jährigen Krieges wüteten, reduzierte die Einwohnerzahl z.B. in Laage auf unter 50 Menschen. In Breesen und insgesamt auf dem Lande ging es etwas glimpflicher ab.

Wie schon erwähnt, gab es zu dieser Zeit schon das „Breesener Viertel“ in der Stadt Laage.

Im „Nordischen Krieg“ von 1700-1721 hatte der russische Zar Peter der Große 1712 für einige Wochen in Laage sein Hauptquartier aufgeschlagen. Ob im 7jährigen Krieg von 1756 bis 1763 in Laage und Umgebung Kriegshandlungen stattfanden, ist urkundlich nicht belegt. Aber eines steht fest, dass der Preußenkönig Friedrich der Große von Pommern aus, seine Werbeoffiziere durch Mecklenburg schickte, um Soldaten für seine Kriege anzuwerben. Davon zeugt ein Ausspruch Friedrichs des II.: “Mecklenburg ist ein alter dicker Mehlsack, wenn man tüchtig draufschlägt, kommt immer noch etwas heraus.“

Napoleon mit seinen Kriegen erreichte auch Laage und Umgebung. Truppen wurden oft bei den Bauern und Bürgern einquartiert. Über Unannehmlichkeiten schilderte Fritz Reuter einige Ereignisse in seinem Buch: “Ut de Franzosentied.“ In der Zeit litt der Binnenhandel sehr und die Bauern mussten an die französische Besatzung sehr viele Kontributionen entrichten.

Auch in den Befreiungskriegen (1813-1815) haben die Mecklenburger Bauern einen hohen Blutzoll entrichten müssen. Danach setzte eine lange friedliche Entwicklung ein, besonders auch für die Bauernschaft. Aber die Bauernbefreiung, die in Preußen von Freiherr vom und zum Stein durchgeführt wurde, fand in Mecklenburg keine Nachahmung. Die beiden Herzöge, die zu Großherzögen vom korsischen Eroberer befördert wurden, beließen es im Gegensatz zum Preußenkönig bei alten Regelungen auf dem Lande. Die Bauern nannten sich bis 1918 Erbpächter, d. h. sie konnten nicht frei über ihren Hof verfügen. Zudem musste ein nicht ablösbarer Kanon in verschiedener Höhe jährlich gezahlt werden. Der Kanon richtete sich nach der Größe des Bauernhofes. Diese Hypothek wurde in das Grundschuldbuch für die Regierung eingetragen und konnte nicht abgelöst oder getilgt werden.

So mussten auch die Breesener Bauern sogenannte „Hand-und Spanndienste“ auf den angrenzenden Staatsdomänen leisten. Erst 1848 mit dem Ausbrechen der Revolution in einigen Ländern musste der Großherzog nachgeben. Das Land erhielt eine ständige Verfassung, d. h. im Landtag vertraten der Adel, die Geistlichen und die Bürgermeister die Interessen der Bevölkerung und wirkten bei der Gesetzgebung mit. Danach erst dankte der Großherzog in Mecklenburg ab und das bis dahin sehr rückschrittliche Mecklenburg konnte aufatmen. Jetzt kamen endlich die bis dahin bedeutungslosen Dorfschulzen als Gemeindevorsteher und Vertrauensperson des Ortes zu Wort. In den Bauerndörfern, wie es Breesen bei Laage immer war, vertrat der Dorfschulze als Gemeindevorsteher die Interessen der Gemeinde. In Breesen war das Amt des Dorfschulzen schon über viele Generationen in der Familie Kellermann „erblich“ geworden. So war zu Beginn des 19. Jahrhunderts Joachim Kellermann auf seinem Erbpachthof Bauer und Dorfschulze zugleich.

So steht z. B. im vielseitigen „Handbuch Mecklenburg- Schwerin“ von 1881, Verlag Carl HINSTORFF, geschrieben, dass in der Ortschaft Breesen, Amtsangehörigkeit Güstrow, Amtsgerichtsbezirk Laage der Schulze Kellermann ist.

Ab diesem Zeitpunkt, zu Beginn des 19. Jahrhunderts, liegen mir nach meinen Recherchen schriftliche Nachlässe vor, die vom Bauerndorf Breesen, seinen fleißigen Menschen und der weiteren Entwicklung, auch meiner Familie Kellermann, berichten.

Joachim, Friedrich, Heinrich K. heiratete ein junges Mädchen aus einem Nachbardorf und zeugte mit Emma, Anna, Wilhelmine, Auguste K. 13 Kinder, wovon einige in frühester Jugend oder an ansteckenden Krankheiten starben.

Bei dem 7. Sohn war nach Landessitte der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin Taufpate. Der Knabe erhielt nach dem Großherzog den Namen „Friedrich Franz.“ Als 12. Kind wurde endlich ein Mädchen geboren. Die kleine Caroline sollte auch das einzige Schwesterchen unter der großen Reihe Jungen bleiben.

Eine große Kinderschar auf einem großen Bauernhof war von der wirtschaftlichen Seite immer ein Vorteil. In keinem anderen Beruf konnten Kinder in der damaligen Zeit, wo noch kein großer Maschinenpark den Bauern die Arbeiten erleichterte, sich so nützlich machen, wie auf dem Bauernhof.

In einer längeren Zeit friedlicher Entwicklung, wo keine verheerenden Kriege im eigenen Lande tobten, gedieh unter der weisen Führung der arbeitsamen Eltern ein solider Wohlstand.

In Mecklenburg war es nicht Sitte, eine größere Bauerwirtschaft unter Familienmitglieder aufzuteilen, wie man es in anderen Gegenden unseres deutschen Vaterlandes tat. Die weichenden Erben wurden bei der Erbauseinandersetzung mit Bargeld oder Grundschuldbriefen (Hypotheken) abgefunden. In Mecklenburg erbte im Allgemeinen immer der älteste Sohn den Hof. Der älteste Sohn, der nach dem Vater Joachim Jochen hieß, wurde nach dem in Mecklenburg herrschenden Ältestenrecht umgehend als Erbe bestimmt. Der „alte“ Joachim konnte sich von dem Zeitpunkt an, als Sohn Jochen heiratete, mehr um sein Schulzenamt kümmern. Weiterhin wohnte er mit seiner Frau in der „Altenteilwohnung“ auf dem Bauernhof. Als der „alte„ Joachim kränklich wurde und mit 64 Jahren starb, trat die Erbfolge ein und auch das Schulzenamt ging auf den Sohn über.

Der Patenjunge des Großherzogs Friedrich Franz diente gerade das dritte Jahr bei den Jägern in Schwerin, als der deutsch-französische Krieg 1870 ausbrach. Er war gelernter Tischler und hatte während seiner Wanderjahre als Geselle die Schweiz und auch Teile von Ostfrankreich durchwandert. In der Familie wurde noch immer sein letzter Brief an einen seiner Brüder aufbewahrt, wo er mitteilte, dass es in den nächsten Tagen über die französische Grenze ginge und er sich nun mit den „Franzmännern“ herumschlagen müsse, wo er doch in Friedenszeiten so manches Gläschen Wein mit ihnen geleert habe. Dieser unternehmungslustige Bauernsohn war der einzige aus seinem Dorf, der den Krieg 1870/71 mitmachte. Er hatte während seiner aktiven Dienstzeit öfter nach Hause geschrieben oder während seines Heimaturlaubs erzählt, dass man an ihn herangetreten sei, er solle doch Berufssoldat werden. Er würde dann sofort vom Oberjäger zum Unteroffizier befördert werden. Doch er teilte seinen Eltern immer gleichzeitig mit, dass er es wiederholt abgelehnt habe, denn seine persönliche Freiheit wäre ihm doch mehr wert als der Zwang und Drill beim Militär. Das 14. Jägerbataillon gehörte zur 34. Infanteriebrigade, die vom Großherzog Friedrich-Franz, der General war, persönlich geführt wurde. Bei den Kämpfen vor Paris wurden die Mecklenburger in tagelange schwere und verlustreiche Kämpfe verwickelt. Am 2. Dezember 1870 musste der Oberjäger Friedrich Franz Kellermann sein junges Leben lassen. Sein Name steht auf dem Ehrenmal des 14. Jägerbataillons in der Landeshauptstadt Schwerin. Seine Taschenuhr, die sich unter dem persönlichen Nachlass des Gefallenen befand, hat ein Neffe noch jahrelang als Andenken getragen.

Wie sah die Schulbildung in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Mecklenburg aus?

Auf den Rittergütern war der Lehrer völlig abhängig von dem Gutsbesitzer. Die Ritterschaft ließ ihre Lehrer auf einem eigenen Seminar in Lübtheen ausbilden. Die Volksschullehrer für die Städte und Bauerndörfer wurden auf dem Seminar in Neukloster herangebildet. Erst nach dem 1.Weltkrieg hörte die separate Ausbildung der Volksschullehrer für die Rittergüter auf. Auch die Dorfschule im Bauerndorf Breesen war einklassig, d.h. alle Kinder wurden von einem Lehrer in einem Klassenraum nach einem bestimmten Stundenplan unterrichtet.


Die Eltern, die den Vorteil einer guten Schulbildung schon erkannt hatten, schickten ihre Kinder nach der Grundschule in die Stadtschule nach Laage und eröffneten somit den begabtesten Kindern weitere Möglichkeiten.

Durch Veränderungen im Straßenwesen, später auch im Eisenbahnnetz, (ab 1894) gab es eine sehr fortschrittliche Entwicklung in Breesen und um Laage herum. Die „alte“ Straßenverbindung für die ca. 200 Einwohner im Jahre 1885 führte in Breesen an der Häuslerreihe vorbei und weiter über einen unbefestigten Sandweg über den Pludderbach nach Laage . Man erreichte damals Laage östlich vom später errichteten Bahnhof. Als der Plan auftauchte, eine feste Chaussee zu bauen, die von Rostock kommend über Laage Anschluss nach Teterow, Malchin, Stavenhagen bis nach Berlin führen sollte, war der Breesener Dorfschulze sofort dazu bereit und erklärte sich damit einverstanden, das hierzu benötigte Land zur Verfügung zu stellen. Die zu bauende Straße führte genau durch die Ackerfläche von Joachim Kellermann. Zugleich lieferte er aus seinen drei Kiesgruben den erforderlichen Baustoff für den Abschnitt von Breesen nach Laage. Mit der Bauzeit, die von 1829 bis ca. 1840 dauerte, entwickelte sich diese Chaussee zu einer wichtigen Verbindung von Breesen und dem Umland nach Laage und zugleich einer bedeutenden Fernstraße von Rostock über Laage bis nach Berlin.

Sohn Joachim Jochen Kellermann heiratete eine Bauerntochter. Als Nachfolger und Erbe seines Vaters wurde er auch zum Dorfschulzen gewählt.

Bei dem Chausseebau hatte er durch Hand– und Spanndienste sowie Kieslieferungen sehr gut verdient. Einige Morgen Land waren an die Straßenverwaltung verkauft worden und durch mehrere guten Ernten war es ihm möglich, an die Geschwister das Erbteil auszubezahlen. Jochen verstand es, seine Familie „klein“ zu halten. Er hatte zwei Söhne und eine Tochter.

Somit hatte Breesen sehr viel erlebt. Denn die Stadtbrände in Laage, die fast nicht zu bändigende Pest, besonders von 1628, die kriegerischen Handlungen und Einquartierung des russischen Zaren und anderer Herrscher und die Cholera-Epidemien von 1859 bis 1866 waren Ereignisse von großer Bedeutung. Dazu kamen Veränderungen und Wechsel der Besitzer, z.B. durch Erbschaft, auf den Bauernhöfen in Breesen. Alles was hier und in der nahen bestimmenden Stadt Laage geschah, brachte starke Einschnitte aber auch Entwicklungsmöglichkeiten für das Leben der Menschen. Um 1885 etwa gab es auf den acht Bauernstellen in Breesen als Erbhof-Besitzer, die aber immer noch einen jährlichen Kanon an den Großherzog zu entrichten hatten, der nicht abgelöst werden konnte, folgende Bauern: Ernst Bauer, Friedrich Arndt, Wilhelm Russow, Herrman Berlin, Paul-Friedrich Lüht, Herrman Zarendt, Joachim-Jochen Kellermann und August Seemann. Dazu gab es in Breesen eine größer werdende Anzahl von Häuslern. Es waren Kleinstbauern mit ganz geringem Landbesitz, aber einem eigenen kleinen Haus. Für die Häusler blieben oft nur Erwerbsmöglichkeiten als Kleinhandwerker, Tagelöhner, Dienstboten oder Schulmeister übrig. Der Hauserwerb bedeutete aber einen sozialen Aufstieg im Dorf. So arbeiteten viele Häusler als Landarbeiter, Knecht, Magd oder Tagelöhner, bei den Großbauern.

Durch zwei Söhne des Bauern Joachim Jochen Kellermann war erneut die Erbfolge und das Weiterbestehen des Namens nun schon seit hunderten von Jahren gesichert. Es war schon damals einer der wenigen Bauernhöfe weit und breit in Mecklenburg, der auf diese Tradition zurückblicken konnte.

Breesen war und ist bis heute ein typisches Straßendorf mit einem Dorfkern an einem Dorfteich gelegen. In dieser Zeit gab es für viele Einwohner von Breesen durch die entstandene Eisenbahnstation, neue Molkerei, Entwicklung der Geschäftswelt in Laage und die neue Landstraße nach Laage einen spürbaren Aufschwung. Den Besitzstand zu verbessern, veränderte auch die politische Einstellung. Mit der Übernahme des Kellermannschen Hofes durch den ältesten Sohn Albert wäre es wohl angebracht gewesen, dass auch dieser das schon fast „erbliche“ Dorfschulzenamt übernommen hätte, doch Albert Kellermann lehnte ab. Als Begründung gab er Zeitmangel für die Verwaltung des Gemeindeamtes an. Sicher raubte ihm der Neuaufbau des Bauernhofes und die größer werdenden Aufgaben eines Dorfschulzen sehr viel Zeit.

Nach dem Großfeuer und Abbrennen der vierseitigen Hofanlage im Ortskern, nur das Wohnhaus konnte gerettet werden, wurde inmitten des Landbesitzes eine neue Bauernstelle 1899 erbaut, was bis heute am Wohnhaus ablesbar ist. 

Breesen hatte an Einwohnerzahl zugenommen, einige Bauernhöfe änderten den Besitzer und es entstanden neue Büdner– und Häusler-stellen im Ort.

Das politische Bewusstsein der Dorfbewohner erwachte mehr und mehr, ja das Klassenbewusstsein entstand zwischen den größeren und kleineren Bauern und neuen Eigentümern.

Die früheren Hand- und Spanndienste, die auf benachbarten Staatsdomänen zu leisten waren, konnten abgelöst werden. Die „Häusler“ und kleineren Eigentümer mussten ihre Arbeitskraft bei größeren Bauern anbieten oder wechselten schon in die Stadt, um dort Arbeiten anzunehmen.

Mecklenburg war das einzige Land im Deutschen Reich, das Bismarck am 18. Januar 1871 in Versailles aus der Taufe gehoben hatte, welches noch keine Verfassung besaß und noch von den Ständen beherrscht wurde. Mit dem deutschen Reichstag erhielten dann aber auch die Mecklenburger das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für das Landesparlament. Diese unterschiedliche und benachteiligte Behandlung über Jahre hatte politische Folgen. So kam es, dass nach 1918 Mecklenburg und Preußen linksgerichtete Landesregierungen bekamen.

Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert ging es der Landwirtschaft in Breesen und gesamten Deutschland recht gut. Die drei siegreichen Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 hatten der gesamten Volkswirtschaft gewaltig Auftrieb gegeben. Es gab eine sich stürmisch entwickelnde Industrie.

In dieser Zeit machte die errichtete Gaststätte „Waldfrieden“ in Breesen an den Tannen auf sich aufmerksam. Der Inhaber war Otto Gütschow. Nach einigen Jahren kaufte Josef Rossbroich den „Waldfrieden“. Die Gaststätte war „in aller Munde“ und warb mit Aussagen, wie „ gute und gepflegte Weine, kalte und warme Speisen zu jeder Tageszeit, Ausspannung, Fremdenzimmer, Saal usw., solide Preise und aufmerksame Bedienung – alles auch erreichbar unter Laage 322.“ Der letzte Gastwirt und Eigentümer des „Waldfrieden“ war Athur Luft, der die Tochter Hildegard Rossbroich geheiratet hatte. Durch die Schutzzollpolitik der Reichsregierung wurden die Produkte der Landwirtschaft auf dem Weltmarkt konkurrenzfähiger wodurch sich der Wohlstand der Landwirte zusehends mehrte.

In Breesen änderten sich einige Besitzverhältnisse der acht Großbauernhöfe. Entweder trat ein Erbe des Hofes den Besitz an oder machten einige Gebrauch vom Verkauf der Bauernstelle. Dies war ja zu früheren Zeiten nicht gestattet, da der Großherzog jährlich eine bestimmte Belastung (Kanon) eintreiben ließ.

So gab es um 1930 folgende Bauern in Breesen: Wilhelm Möller, Christian Arndt, Erich Bauer, Franz Liedtke, Paul Seemann, Albert Kellermann, Anna Rollfs und Theo Biermann. Bauer Franz Liedtke, der durch Umsiedlung 1920 Westpreußen verlassen musste, zog nach Bernitt bei Bützow. Nach einigen Jahren kaufte er 1927/28 im Dorfzentrum Breesen den Hof von Paul- Friedrich Lüth. 1935 vererbte er den Hof an seinen Sohn Paul Liedtke.


Über 30 Jahre hatte die friedliche Entwicklung des Deutschen Reiches gedauert, als zu Beginn des 20. Jahrhunderts der politische Horizont um das neue Reich in der Mitte Europas sich immer mehr verfinsterte. Der junge Kaiser hatte den Gründer und Lenker des Reiches, den alten Fürsten Bismarck, aufs Altenteil in den „Sachsenwald“ geschickt. Solange der greise Kanzler noch lebte und ab und zu seine warnende Stimme noch erheben konnte, wenn man in Berlin politische Fehler begehen wollte, war das Staatsschiff von den neuen Führern durch alle Fährnisse hindurchgesteuert worden. Aber als die Stimme des getreuen Fürsten von Bismarck nicht mehr ertönte und er für immer die Augen schloss, geriet das Reich in gefährliche Strudel.

Als im Juni 1914 das Attentat auf das österreichische Thronfolgerehepaar erfolgte, fuhr das deutsche Staatsschiff mit Volldampf hinein in den 1. Weltkrieg. Die Mobilmachung am 1. August 1914 ließ das Strohfeuer der Begeisterung in ganz Deutschland noch einmal nach dem Muster des siegreichen Krieges 1870/71 auflodern, bis sich dann nach wenigen Wochen zeigte, dass es ein langer Krieg werden würde. Während im Krieg 1870/71 ein Sohn des Hofes Kellermann am 2. Dezember 1870 sein junges Leben südlich von Paris für seine Heimat dahingeben musste, brauchte 1914 kein Sohn, da noch schulpflichtig, mit ins Feld ziehen. Vater Albert Kellermann war nie Soldat und bereits aus dem wehrpflichtigen Alter heraus.

Zunehmend fehlten auf dem Lande, so auch in Breesen, Arbeitskräfte. Alle waffenfähigen Männer wurden zum Kriegsdienst eingezogen. Da der 1. Weltkrieg sich fast ausschließlich in den Ländern der Gegner abspielte, ging das Leben in der Heimat, unter Berücksichtigung kriegsgesetzlicher Vorschriften weiter. Lebensmittelkarten und Kleiderkarten sollten eine gerechte Verteilung von Mangelwaren regeln. Es begann das Gewerbe der Schieber und Kriegsgewinnler. Hunger, frierende Bevölkerung, Missgunst und Unzufriedenheit machten sich breit. Dies gab es besonders in den Großstädten und den Industriegebieten.

Im letzten Kriegsjahr wurde der älteste Sohn Paul Kellermann von der Schulbank weg als 17-jähriger zum Kriegsdienst eingezogen und überstand alle Kriegshandlungen unverletzt.

Kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges im Sommer 1939 war Albert K. gestorben, nachdem er vorher seinem Sohn Herbert den Hof als Erbhof übergeben hatte. 1933 hat er sich eine tüchtige Bauerstochter aus Börgerende von der Familie Heinrich und Emma Harms zur Frau genommen. Tochter Ilse Grah, geb. Kellermann hatte vor Jahren einen Fabrikbesitzer im Rheinland geheiratet und war laut Erbhofgesetz als weichender Erbe finanziell abgefunden worden. Der älteste Sohn, Paul K., der eigentlich erster Erbe des Hofes sein sollte, heiratete eine Bauerntochter und übernahm deren großen Hof in Zarnekow.

Durch den 2. Weltkrieg kam es auch zum Mangel an Arbeitskräften bei allen Bauern in der Ortschaft Breesen. Durch dienstverpflichtete Ausländer und Kriegsgefangene konnten die am Hof verbliebenen Ehefrauen etwas entlastet werden.

Im Frühjahr 1945 näherten sich die Kampffronten von Ost und West immer mehr der mecklenburgischen Heimat. Anfang Mai 1945 wurde das östliche Mecklenburg von der durch Pommern vorgedrungenen “Roten Armee“ ohne größere Kampfhandlungen besetzt.

Auf dem günstig an der Chaussee gelegenen Hof Kellermann hatte sich für einige Zeit ein Kommando der sowjetischen Armee und in Laage ein Stab der „Roten Armee“ einquartiert. Dies wirkte sich insofern positiv für die Umgebung aus, dass es verhältnismäßig geringe „unliebsame 13 Vorkommnisse“ mit den Besatzungstruppen gab und sich bald wieder ein “geordnetes Leben“ einstellte. Nach der bedingungslosen Kapitulation wurde in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) das Bodenreform- gesetz erlassen. Es bestimmte, dass aller Grundbesitz über 100 ha Land entschädigungslos enteignet wurden. Geflüchteten Bauern, aktiven Nazi u.a. erging es letztlich ebenso.

Da mein Vater, Erbhofbauer Herbert K., aus der Gefangenschaft im Herbst 1945 entlassen worden war und er kein Mitglied in der NSDAP war, konnte er seinen in einem leidlichen Zustand vorgefundenen Hof weiter bewirtschaften. Die junge Familie des Herbert K. wuchs und gedieh, drei Knaben und eine Tochter wurden geboren. Durch das Vorhandensein von drei Knaben war die Erbfolge auf dem Erbbauernhof gesichert, denn einer der Jungen würde sich wohl als fähig und würdig erweisen, diesen Jahrhunderte alten Hof – immer unter dem Namen Kellermann bestehend, weiter als Erbe zu erhalten.

Doch die neuen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach 1945 erforderten von allen, auch den Einwohnern in Breesen und Umgebung, ein völlig neues Denken und Handeln. 

Das Leben nach dem 2. Weltkrieg

Der Krieg hatte alle Familien, alle Traditionen und entwickelte Verhaltensweisen stark erschüttert. Im Vordergrund standen genügend Nahrungsmittel zu haben, was auf dem Lande immer noch gut zu bewältigen war, Heizmaterial und Bekleidung zu beschaffen.

Alle rätselten, was die „Russen“ als Besatzungsmacht und ein Sieger im Krieg wohl in Deutschland vorhatten. Auch Familien aus Breesen waren so verblendet und verstört, dass sie sich aus Angst vor den Russen das Leben nahmen – wie Hofbesitzer Familie Ernst Bauer mit 4 Kindern.

Konrad Timm wurde Pächter des Hofes von Nachfolger Erich Bauer und als Erbe gilt seither Ernst-Otto Thode aus Laage. Mit Stolz erzählte er mir, dass die Vornamen „Ernst“ vom Großvater Bauer und „Otto“ vom Großvater Thode stammen.

Aber das Leben musste und ging auch weiter.

Durch den Strom der Flüchtlinge und Übersiedler aus Ostpreußen und Pommern gab es das Problem der kurzfristigen Unterbringung. So stellte Paul Liedtke in seinem Bauernhaus sieben Zimmer zur Verfügung, die mit Flüchtlingen belegt wurden. Er selbst nutzte mit vier Kindern und den Großeltern kleine Räumlichkeiten. Helmut Liedtke schilderte die zeitweilige Enge mit allein 22 Kindern auf dem Hof. Sehr genau erinnert er sich an

„Konny“ Wegner mit seinen Geschwistern Neidhart und Marianne, an die Familien Grübel, Dergewitz und Getzlaff, die mit fünf Kindern auf dem Hof wohnten. Ebenfalls wohnte Familie Rudolf Krüger mit den Kindern Gerhard, Herbert und Irmgard im Bauernhaus Liedtke. Sie erhielten eine Neubauernstelle in Breesen zugesprochen und bauten sich am Ende der Häusler- reihe ein Haus mit einem großen Stallgebäude. Aber das Wichtigste in dieser Zeit war: Alle hatten etwas zu Essen und ein Dach über den Kopf.

Anlässlich der Teilnahme an der „Goldenen“ Konfirmation in Laage 2016 traf ich nach vielen Jahren Dieter, richtig heißt er Diethard, Düsterhöft wieder. Er gehört zu einer sehr fleißigen, strebsamen und ehrlichen Familie, die sich nach dem Krieg als Flüchtling in Breesen niederließ. Dieter mit seinen Brüdern Armin und Manfred und den Eltern mussten Bromberg, Bydgoszcz im heutigen Polen, verlassen. 

Die Düsterhöft’s wohnten zunächst im alten, nach einem Brand des Gehöfts stehen gebliebenen Wohnhaus von Kellermann in der Dorfmitte, bevor sie eine größere Wohnung bei Paul Grothmann, gegenüber der Gaststätte Kay, erhielten. Hier wurden die beiden Schwestern von Dieter geboren. Der erforderliche erneute Umzug führte sie ins Haus Metzler in größere Räume in die obere Etage. Dieter setzte als Flüchtlingskind beharrlich seinen Weg fort. Nach einem Schulbesuch bis Klasse 4 in Breesen besuchte er die Mittelschule in Laage. Mit Hilfe einer Lehrerin, Frau Wendt, und des Lehrers Paradies ebneten sie den Weg zu einer Ausbildung als Fernmeldemonteur und danach zu einer Lehrerausbildung in Schwerin für besonders begabte junge Werktätige in der damaligen DDR. Bis zum Ende seiner Lehrertätigkeit, die an der Kinder-und Jugendsportschule (KJS) in Güstrow begann und in Diekhof nach elfjähriger Schulleitertätigkeit endete, erreichte er durch sein zielgerichtetes Verhalten, Wissen und Können, über viele schwierige Zeiten hohes Ansehen. Als Flüchtlingskind ist Dieter und seine gesamte Familie, die weitestgehend in Breesen, Laage und Diekhof ansässig wurde, eine bekannte und geachtete Familie.

Durch die vielen Flüchtlinge konnte der Arbeitskräftebedarf in der Landwirtschaft kurzfristig gedeckt werden. Viele Übersiedler bewarben sich auch um eine Neubauernstelle. Diese Neubauern erhielten in Breesen und Umgebung von den angestammten Bauern Hilfe, um z.B. mit Saatgetreide, Pflanzkartoffeln u.a. Dingen als Voraussetzung für zukünftige Ernten, bestehen zu können.

Durch Erlasse und Weisungen der SMAD (Sowjetische Militär–Administration) wurde vieles neu geregelt und „wieder in Gang gebracht.“ So gab es auch eine ostpreußische Familie, die auf dem Kellermann-Hof zeitweilig Unterschlupf fand. Am ersten Lindenbaum an der Auffahrt zu unserem Hof war ein Schild mit der Aufschrift angebracht: „Oskar Leipe – Böttchermeister“. In der neugeründeten VdgB (Vereinigung der gegen- seitigen Bauernhilfe) arbeiteten alle Bauern zum gegenseitigen Nutzen miteinander. Dabei wurden auch Maschinen und andere Gerätschaften an die Neubauern zur Unterstützung zur Verfügung gestellt. Durch die vor dem 2. Weltkrieg stark geförderte Bauernschaft hatten sich viele Bauern einen ordentlichen Maschinenpark neu angeschafft.

So hatte auch mein Vater als Jungbauer u.a. einen Dreschkasten, gummibereiften Trecker mit großen Pflügen etc., gummibereifte Anhänger, Lobbmaschine, Kultivator, Hungerharke, Drillmaschine u.a. stark arbeitserleichternde Gerätschaften erwerben können. Hinzu kam, dass wohl weit der Zeit voraus, eine über 20 m hohe Windmühle, die noch vor dem 2. Weltkrieg errichtet wurde, auf der neuen Bauernstelle für großen Fortschritt in punkto Energiegewinnung gesorgt hatte. Viele Arbeitsaufgaben auf dem Hof konnten somit sehr effektiv und sparsam gelöst werden.

Aber, auch in Breesen zeigte sich, die Landwirtschaft nach sozialistischen Gesichtspunkten auf- und umzubauen als außerordentlich schwer.

Es wurden Lebensmittelkarten eingeführt, da das herrenlose Land der geflüchteten Gutsbesitzer und Bauern unzureichend oder gar nicht bestellt wurde.

Jedem Bauer wurde ein Ablieferungssoll in pflanzlichen und tierischen Produkten auferlegt. Als Anreiz waren die sogenannten „freien Spitzen“ gedacht. Über das Soll produzierte Güter wurden mit höheren Preisen erstattet. Über Jahre wurde nicht genügend produziert.Als sich aus der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) im Oktober 1949 die DDR (Deutsche Demokratische Republik) gebildet hatte, wurde die sogenannte „Hektarumlage“ eingeführt. Je nach Hektargröße der Wirtschaft und der Berücksichtigung der Ackerbodenwertzahl wurde ein Soll festgelegt. Je größer der Hof, desto schwerer war das Soll, geschweige die freien Spitzen, zu erreichen.

Die Bauern konnten nicht mehr anbauen, was sie am besten produzieren konnten, sondern das Soll mit festen Zielen war Pflicht gegenüber dem Arbeiter- und Bauernstaat. Das alte Sprichwort „Freier Bauer auf freier Scholle“ galt nicht mehr! Nun geschah in dem jungen demokratischen Staat der „Arbeiter und Bauern“ etwas Einmaliges in der Geschichte des deutschen Bauernstandes. Abertausende Bauernfamilien ließen alles stehen und liegen; verließen bei Nacht und Nebel ihre Heimat und flüchteten in die Bundesrepublik Deutschland. Es hieß immer „sie sind abgehauen“- „sind in den Westen gegangen!“.

Experten, die große Güter wirtschaftlich erfolgreich führten, wie August Hering aus Breesen, verstanden die Festlegungen für die „neue Landwirtschaft“ nicht mehr. Genau erinnere ich mich an ein Vorkommnis in der großen Scheune, als geschickte Leute vom Güstrower Amt jeden Bauernhof regelrecht durchsuchten, ob irgendwelche landwirtschaftlichen Produkte versteckt waren – z. B. Brotgetreide wie Weizen, Roggen und Kartoffeln. Als sie fündig wurden und in einem Lagerraum benötigtes Saatgetreide für das kommende Jahr entdeckten, sagte einer dieser “Herren„ zu meinem Vater und zückte dabei einen Revolver: „Wir werden jeden erschießen, wer Sabotage begeht!“

Weitaus bedrohlicher erging es Bauer Paul Liedtke, bei dem Pflanzkartoffeln entdeckt wurden. Er wurde sofort in Haft genommen und nach Güstrow gebracht. Dort wurde er von einem Richter im Schnellverfahren zu einer vierwöchigen Haftstrafe verurteilt, die er dort auch verbringen musste. Allen Bauern in Breesen und in der ganzen neuen DDR erging es ebenso.

Den Erbhof, auf dem alle Familienmitglieder von morgens bis abends schufteten, der seit Jahrhunderten von einem Kellermann bewirtschaftet wurde, bei Nacht und Nebel zu verlassen und republikflüchtig zu werden, das verstieß gegen alte Familientradition und kam niemals in Frage.

Wie sah es etwa 1950 in Breesen aus und wie 2016?

Mein ältester Bruder Jürgen hatte frühzeitig großes Interesse für Elektrotechnik und nahm deshalb bei RFT- Rostock eine Lehre auf. Ich kann nicht sagen, wie weit die Entwicklung in der Landwirtschaft ihn zu dieser Berufswahl beeinflusste. Meine beiden Eltern, die auf das 60. Lebensjahr zugingen, wollten gern den Hof weitergeben. Bruder Horst hatte gerade seine Brigitte, geb. Wiens, geheiratet und nach dem Studium zum staatlich geprüften Landwirt und Meliorationsbauingenieur eine Anstellung beim Rat des Kreises in Ludwigslust erhalten. Er verspürte in dieser Zeit nicht die größte Lust, das Erbe anzutreten. Meine Schwester Elke und ich waren noch zu jung, um in die Entscheidungsfindung einbezogen werden zu können.

In dieser Zeit gründeten sich in Breesen auch einige Neubauernstellen, die das Land vom Gut Subzin erhielten. Neubauern wurden in Breesen Hans Fellechner, Günter Blohm, Fritz Dudda, Johann Lorenz, Heinz Blohm und Rudolf Krüger. Ein Neubauernhaus haben sich Hans Fellechner, Günter Blohm und Rudolf Krüger gebaut. Im Mittelpunkt des Dorfes befand sich seit langer Zeit die Schule mit einem herrlichen Sportplatzgelände. In jüngerer Zeit wurde im Dorfkern das Verwaltungs- gebäude der LPG mit der wichtigen Möglichkeit der Esseneinnahme erbaut. Auch eine Einkaufsmöglichkeit, eine „KONSUM–Verkaufsstelle“, wurde errichtet.

Und es gab immer eine Gaststätte im Dorf.

Es war ein Ort zum „Klönen“, ein Schwätzchen über Gott und die Welt zu machen und ein Gläschen Wein, ein kühles Bier zu genießen oder auch ein Eis und einen Imbiss zu sich zu nehmen.

Vor dem 2. Weltkrieg schon hieß der Gastwirt Wilhelm Kay, der mit seiner Frau Else, dem Bruder von Wilhelm, Herrmann Kay und seit 1935 Sohn Karl hier lebten. Sehr beeindruckt hat mich der „Eiskeller“, der in der Nähe der Gaststätte mit riesigen Eisblöcken in der kalten Jahreszeit „gespeist“ wurde. Auch eine Tanksäule vor dem Haus, die durch Pumpen das Schauglas mit 5-Liter Benzin füllen konnte, sind unvergessen. Jeden Sonntag trafen sich nach einer arbeitsreichen Woche, unter anderem Bauer Werner Möller, der fleißige Mitarbeiter z.B. auf dem Hof meiner Eltern, Karl Krüger (nahm später den Namen Karl Schulze an), Werner Schwaß, war BHG-Leiter der Bäuerlichen Handelsgenossenschaft in Laage und Bauer Herbert Kellermann zu einem Gedankenaustausch. Am 15.08.1982 wurde Erika Blohm Besitzerin der Gaststätte von Kay, die mit Ehemann Manfred und später auch mit tatkräftiger Unterstützung von Tochter Madlen „neues Leben“ dem Restaurant einhauchten. Es wurde beginnend 1986 an- und umgebaut, so dass mehrere Zimmer auch für Übernachtungen zur Verfügung stehen. Als in Laage die Gaststätten z.B. kein Mittagessen mehr anboten, entwickelte sich „Blohm in Breesen“ zum Renner. Die Riesenportionen, äußerst schmackhaft zubereitet, werden sehr gern bestellt, was ich persönlich nur bestätigen kann. Die Einkehr von bekannten Film- und Fernsehgrößen, wie Ben Becker, die „Paldauer“, Restauranttester Rach, die „Saragossa-Band“ und Bundesligafußballer des FC „Hansa“ Rostock unter- streichen die Beliebtheit und Bekanntheit der Gaststätte Blohm. Bestimmt liegt sehr nahe, dass Tochter Madlen als gelernte Hotelfachfrau in die Fußstapfen der Eltern treten könnte.

Neben Schule, Gaststätte, Dorfteich gab es auch eine Schmiede im Dorfzentrum. Hier brannten meistens zwei Feuerstellen, um die vielen Wünsche aller Bürger zu befriedigen. Dabei standen Pflugschare „scharf“ zu schmieden und Pferde zu beschlagen ganz oben auf der Priori- tätenliste. Im betagten Alter hörte Schmied Arthur Möller auf und Kurt Engemann übernahm 1951 die Schmiede in Breesen, die sich in Richtung Subzin befand. Kurz darauf übernahm Engemann einen Metallbaubetrieb am Rostocker Tor in Laage, den er mit den Söhnen erfolgreich führt. Während die Söhne Aufträge in Laage und bei Rostocker Wohnungsgesellschaften wie „FIDES“ und „SHR“ erfüllen, ist heute auf dem Grundstück der ehemaligen Schmiede in Breesen Norbert Bühner mit seinem Baumpflegebetrieb tätig.

Früher gab es auch ein großes Chausseehaus, welches sich gegenüber der Gaststätte Kay befand und nach 1945 abgerissen wurde.

Die „sozialistische Umgestaltung“ der Landwirtschaft wurde weiter vorangetrieben.

Es gab unter den Bauern wenig Gegenliebe zum Eintritt in die LPG. (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) Die Bauernstellen von Seemann, Bauer, Arndt, Rollfs und Biermann wurden zunächst treuhänderisch verwaltet .

Aus den Bauernstellen Biermann und Ahrendt wurde ein ÖLB (Örtlicher Landwirtschafts-Betrieb). Nach Pachtende ist Bauer Arndt nach Öttelin verzogen. Bauer Biermann ist aus welchen Gründen auch immer enteignet worden. Es blieben die Höfe vom unverheirateten und kinderlosen Werner Möller, Paul Liedtke und Herbert Kellermann übrig. Der sehr fleißige und umsichtige Hofbesitzer Paul Liedtke erreichte mit seinen drei Söhnen Gerhard, Helmut, Kurt und Tochter Ilse stets sehr gute Ergebnisse auf seinem Hof. Trotz allem gab es sicher auch hier ausgiebige Diskussionen und Abwägungen über die weitere Entwicklung ihres Hofes, der ja auch in dritter Generation hätte übergehen können.

Die neu gegründeten Neubauernstellen von Lorenz, Heinz und Günter Blohm und Fellechner gaben nach kurzer Zeit auf. Die Stellen wurden von dem ÖLB bewirtschaftet, deren Leiter vom VEG (Volkseigenen Gut) Weitendorf kam.

Neben den Großbauern und einigen Neubauern gab es seit längerer Zeit in Breesen auch Büdner. Sie besaßen ein Haus und etwas Ackerland. Es waren Albert Timm, Paul Boguslawski, Arthur Luft, der nebenbei die Gast- stätte „Waldfrieden“ führte, „Heiner“ Massow, „Mimi“ Hildebrandt und die Familie Metzler.

1953 wurde im ganzen Umkreis von Laage in Breesen die erste LPG mit dem Namen „Unser Ziel“ gegründet. Auf dem Hof der Familie Herbert KelleArmrchaivnKne lwerumradnen nach gründlichen Überlegungen entschieden, dass man sich der LPG Typ III anschließen wird und sich der neuzeitlichen Entwicklung nicht in den Weg stellen möchte. Es gab praktisch zu damaliger Zeit keine Alternative.

Dies interessierte auch den DDR-Fernsehfunk. In der Abendsendung „Bauernehre–Bauernwort“ um 10 Minuten vor 20.00 Uhr wurde vor der Nachrichtensendung der DDR, der „Aktuellen Kamera“, über die Entscheidung eines langjährigen Besitzers eines Bauernhofes in Mecklenburg und den freiwilligen Eintritt in die LPG berichtet!

Herbert Kellermann wurde eine Arbeit als Bodenmeister zugewiesen und fuhr mit seinem Moped täglich zur Arbeit. Er verwaltete das Saatgetreide, Viehfutter etc. für die stets größer werdende LPG.

So folgten dann auch die restlichen Bauern des Dorfes, Werner Möller und Paul Liedtke mit ihren großen Höfen, den Weg in die Genossenschaft.

Die Entwicklung der LPG in Breesen von 1953 bis 1990 An jedem Tag trafen sich alle LPG-Mitglieder, die Landarbeiterinnen, Landarbeiter und Bauern auf einem Sammelplatz. Hier wurden dann die Arbeitsaufgaben festgelegt. Das Reden und Diskutieren darüber dauerten anfänglich, da sich ja alle gleichrangig fühlten, oft längere Zeit. Auch der erste LPG-Vorsitzende, Albert Schacht, schien durch mangelnde Erfahrung mit den Aufgaben überfordert gewesen zu sein. Es folgte ihm ein gewisser Kliebsch, der aus dem Süden der DDR kam. Er ist durch einen Motorradunfall tödlich verunglückt. Engagiert nahm daraufhin Gerd Büttner sein Amt wahr, bevor dann der Diplom-Agrar-Ökonom ein studierter Landwirtschafts-Fachmann- mit Alois Kroschewski das Ruder in Breesen 1958 übernahm.

Es zog eine gewisse Ordnung in allen landwirtschaft- lichen Abläufen ein. Die Brigadiere für Feldbau, für Tierzucht und den Technikbereich erfüllten die Aufgaben zunehmend besser. Man beriet zu Beginn die Arbeiten, teilte entsprechend des Arbeitsvermögens ein und begann zunehmend zügiger mit der Arbeit.

1964 nahm Dr. Kroschewski eine Tätigkeit im Forsch- ungsinstitut Gülzow bei Güstrow auf.

Die Technisierung auf dem Lande nahm Fahrt auf. Um wirkungsvoll die Genossenschaften auf dem Lande zu unterstützen, begann man schon 1949/ 50 in Breesen für den Großraum Laage/Breesen einen Maschinenpark zu errichten.

Da die MAS (Maschinen-Ausleih-Station) in Laage (mit der Werkstatt Reinhold) zu klein wurde, begann man im Ortsteil Breesen, Ausgang des Dorfes in Richtung Schweez/Teterow mit dem Aufbau eines ersten Gebäudes, einer Werkstatt. Etwa 1951 errichtete man zwei Wohnblöcke, weitere Werkstätten und ein Verwaltungsgebäude. Die MAS gab es von 1949 bis 1953.

Alles geschah auf der Grundlage der „Verordnung des Ministers für Land– und Forstwirtschaft vom 3.März 1953“. Sie besagte auch, dass nach den MAS aufgrund der fortgeschrittenen Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion MTS (Maschinen-Traktoren-Station), die von 1953 bis 1963 existierten, als politische, wirtschaftliche und kulturelle Stützpunkte zu bilden waren. Das erste Büro befand sich auf dem Hof von Biermann. Dort wirkte als Brigadier der MTS von 1954/55 Ernst Rosenkranz, der seine Buchhalterin, Marianne Behrndt, täglich von Laage mit dem Motorrad abholte. Sie wurde die Ehefrau von Jürgen Kellermann, dem ältesten Sohn vom Hof Kellermann. Mit dieser großangelegten „Technisierung“ auf dem Lande sollten die LPG’en weiter gestärkt und neue Wege zur Anwendung von Wissenschaft und Technik eröffnet werden.

Die Großproduktion war die vordringlichste agrar- politische Aufgabe in der Landwirtschaft. Damit wurde die Großraumwirtschaft, die in den 15 Bezirken der ehemaligen DDR eingeleitet wurde, gegenüber der Bewirtschaftung oftmals vieler kleinerer Flächen im alten Bundesgebiet zunehmend als effektivere Form des Wirtschaftens angeboten.

Mit den RTS (Reparatur-Technischen-Stationen) von 1963 bis 1964 und dem KfL (Kreisbetrieb für Landtechnik) von 1964 bis zur Wende 1989 gab es weitere positive Entwicklungsstationen auf dem Lande. Die Kreisbetriebe für Landtechnik waren z.B. 1984 mit über 400 Arbeitern und 100 Lehrlingen im Kreis Güstrow unverzichtbare Partner der Landwirtschaft mit den gegründeten u.a. KAP und ACZ (Agro-Chemisches Zentrum)  geworden.

Denn allein der Kreis Güstrow hielt jederzeit u.a. 1045 Traktoren, 175 LKW, 102 Lader, 198 Mähdrescher, 238 Futtererntemaschinen und 67 Kartoffelerntemaschinen, besonders für die Erntezeiten, einsatzbereit.

In diesem Bereich Technik war auch Helmut Liedtke, der mit seiner Ehefrau Hannelore Liedtke geb. Frick aus Rostock als letzter Bauernsohn bis heute in Breesen auf einem Bauernhof lebt, erfolgreich als geschätzter und zuverlässiger Mitarbeiter tätig. Er hatte sich qualifiziert von 1962-64 zum Feldbaumeister, 1965-67 zum Facharbeiter für Landmaschinen und Traktorenschlosser und 1967-69 zu den Landmaschinen und Traktoren- schlosser–Meister.

Sein Bruder Gerhard war bis 1976 als Melker in der LPG- Breesen tätig. Er hat sich in dieser Zeit zum staatlich geprüften Landwirt weitergebildet.

In der KAP–Wardow war er verantwortlich für die gesamten Beregnungsanlagen. Helga Steen hat vor der Ehe mit Gerhard Liedtke das Haus, die Büdnerei von Frau Hildebrandt erworben. In diesem Haus wohnen Gerhard und Ehefrau Helga, geb. Steen aus Jahmen bis heute.

In den verschiedenen Formen der technischen Einricht- ungen waren zu Beginn Herr Plante und Herr Marquard als Leiter tätig. Dann folgten Herr Kruschat, der Ehemann von Annemarie Schacht und die Herren Gustav Nogart und Rainer Bull, letzterer war bis 1990, verantwortlicher Leiter des KfL–Breesen.

Nach der Wende 1989 haben sich auf dem Gelände des ehemaligen KfL im Ortsteil Breesen verschiedene Firmen angesiedelt:

Betrieb für Stahl-und Metallbau/Bull

Landschafts-, Straßen- u. Wegebau/Hinz

Fuhrbetrieb mit LKW/Borchert

PKW-Reparatur/Heß

Holzbaufirma für Jägerhochstände und andere Holzanfertigungen

Bauholzverkauf/Martens Neuer Name der LPG:

Aus der LPG „Unser Ziel“ wurde die „LPG Fortschritt“ in Breesen. Zum Zeitpunkt der Umbenennung, am 1. Januar 1968, leitete Günter Großmann die LPG bis 1970. Zu dieser Zeit weilte Wolfgang Neick, der an der Fachschule für Landwirtschaft in Ludwigslust ein Studium zum staatlich geprüften Landwirt absolvierte, gerade zu einem zweijährigen Studium an der LPG- Hochschule in Meißen, als ihm die Aufgabe als Vorsitzender der LPG in Breesen übertragen wurde. Somit leitete er über 27 Jahre durch viele Höhen und Tiefen bis zur Wende die LPG und dann bis 1997 die Agrargenossenschaft e.G. im Ortsteil Breesen.

Um ständig eine größere Effektivität in allen Bereichen (Feld- und Tierproduktion und gesamten Technik- bereich) zu erreichen und immer rationeller alle Prozesse zu begleiten, kam es wohl zu den größten Veränderungen in Breesen und den umliegenden Gemeinden wie Schweez, Jahmen und Wardow bis zur Wende. So wurde etwa 1968 die LPG Schweez, Typ 3, mit Breesen vereint und zugeordnet. Da alle LPG vom Typ 1 aufgelöst wurden, übernahm Breesen ca. 1972 die LPG Jahmen vom Typ 1. Somit wurden insgesamt ca. 2800 ha LNF (Landwirtschaftliche Nutzfläche) bewirtschaftet. Im Jahr 1975 wurde der Bereich Tierproduktion mit dem Bestand von den Dörfern Subzin und Liessow erweitert. Ab 01.01.1976 musste die LPG Breesen das Ackerland und die Wiesen an die KAP-Wardow (Kooperative Abteilung Pflanzenproduktion) abtreten. 

Diese Zuordnung und anfallende Aufgabenerfüllung wurden bis zur Wende beibehalten. Alle Personen, die nicht in den Ställen beschäftigt waren, wurden in die KAP-Wardow delegiert und von dort eingesetzt.

Mit dem großen und konzentrierten Milchviehbestand wurde der Bau von Milchviehanlagen erforderlich. So wurden drei große Kuhställe mit je 300 Plätzen u.a. in Subzin-Liessow gebaut. In den vorhandenen Ställen waren insgesamt über 1300 Kühe zu versorgen, zu melken und zu pflegen.

Während zu Beginn der Tätigkeit des neuen LPG- Vorsitzenden die Tierproduktion am „Boden lag“ und die Feldwirtschaft als in Ordnung angesehen werden konnte, hatte jetzt die Tierproduktion durch die notwendigen Veränderungen und Neuerungen einen starken Aufschwung erfahren.

Mit der ruhigen und fachlich fundierten Art im Umgang mit allen Ereignissen und besonders mit den Menschen hatte der LPG-Vorsitzende Wolfgang Neick gute Mitarbeiter um sich versammelt.Neben vielen willigen und einsatzfreudigen Mitarbeit- ern nannte mir der ehemalige LPG–Vorsitzende und Leiter der Agrargenossenschaft in Breesen bis 1997, Wolfgang Neick, viele äußerst pflichtbewusste Mitarbeit- erinnen und Mitarbeiter. So unter anderem Ursula Froriep, Rudi Tomschak aus Liessow, Karl Schulze aus Breesen, Helmut „Conny“ Lindemann aus Jahmen wie auch Helmut Liedtke, Willi Schütte und Dieter Krause aus dem Bereich Bau, Alois Schmihing, Gerhard Liedtke, Heinz Pieper, Bernhard Schulze-Harling und Franz Weringschong. Als exakter „Finanzmann“ und Buchhalter hatte besonders Günter Dempzin einen tadel- losen Ruf weit über den Ortsteil Breesen hinaus. Weitere Mitarbeiter, die sich bleibende Verdienste in und um Breesen erwarben, sind Ulrich „Ulli“ Prechel aus Breesen, Hubert Stienhans aus Jahmen und Hermann Steinfeldt aus Laage zu nennen.

Ein einmaliges Ereignis in Breesen

In der Zeit der besonderen Bewachung der Grenzanlagen der DDR erhielt bei Nacht und Nebel der Ortsteil Breesen eine neue Familie als Einwohner zugeordnet. Es war die Familie Max Laußus mit vier Kindern, die aus Gresse bei Boizenburg aus dem grenznahen Gebiet mit Pferd und Wagen ausgesiedelt wurden. Es gab keine Erklärungen für den Umzug, es blühten Gerüchte – bis man erfuhr, dass „nicht staatstreue“ Bürger , wie es damals hieß, in wenigen Stunden ihren Heimatort zu verlassen hatten. Dieses Schicksal widerfuhr auch der Familie Laußus. Die Familie Laußus fand Unterschlupf in der Büdnerei des Hauses Metzler in Breesen.

In der LPG etablierte sich neben den Lohnzahlungen ein System von Ehrungen, Auszeichnungen und weiteren Zuwendungen für sehr gute erbrachte Leistungen. Jährlich gab es 2 bis 3 Betriebsfeste und ab 1971 als Auszeichnung Auslandsreisen mit Ehepartner nach Bulgarien, zur Krim, in die Tschechoslowakei und nach Moskau. So konnten 1974 Maria Höchemer, Kurt Hohmann, die Ehepaare Bötsch, Sommer und H. Liedtke eine Auszeichnungsreise nach Moskau erhalten. Hier erwarb sich Horst Dittmann Verdienste z.B.in der Organisation. Auch in Bad Schandau (Sächsische Schweiz) gab es einen herrlichen Erholungsort für LPG- Mitglieder.

In dieser „Riesen-LPG“, die sich mit den Ackerflächen von Breesen aus über mehrere Dörfer erstreckte, herrschte ein gutes Betriebsklima. Alle hatten einen Arbeitsplatz, soziale Absicherungen und ein ausreich- endes Einkommen zur damaligen Zeit in der DDR. Obwohl die Erträge in der Pflanzen– und Tierproduktion gesteigert werden konnten, gab es auf vielen Gebieten arge Mangelwirtschaft (Autokauf und qualitativ höher- wertige Güterproduktion seien nur als Beispiele genannt!).

Trotz allem gab es mit Beginn der 80-ziger Jahre zunehmend Kritik und Unzufriedenheit gegenüber Staat, Partei und Regierung. Auch der tägliche Fernsehblick in den „Westen“ mit den Warenauslagen und der Lebensfreude wirkte. Die reisefreudigen Rentner berichteten fast ausnahmslos viel Positives. Besonders das nicht freie Reisen, das Bevormunden und „Eingesperrtsein“ wirkten sich zunehmend negativ aus. Über diese ganze Problematik bis hin zu den erneut grundlegenden Veränderungen und den Wandel im Leben der Menschen in Breesen und im ganzen Bereich der ehemalig existierenden DDR gibt es sehr umfangreiche und tiefgründige Einschätzungen und Betrachtungen. Leider wurden sie oftmals auch von Menschen erstellt, die als sogenannte „Besserwessies“ viele Hinweise und sofortige Regeln für „ALLES“ bereit hatten. Diese wohl schwierigste und zugleich interessanteste Phase für alle Bürger wurde vielmals dargestellt und versucht aufzuarbeiten.

In jedem Fall gehört diese Zeit zum größten Lernprozess der Bürger in den neuen Bundesländern, der von ihnen versucht wird, gemeistert zu werden. Mit dem damals noch existierenden ehemaligen Artikel 23 im GG der BRD konnte und wurde die Einheit Deutschlands herzustellen in Angriff genommen.

Nach der „Wende“ wurde die „Agrargenossenschaft Breesen e.G.“ gegründet.

Mit der Aufgabe des Leiters wurde Wolfgang Neick, der ehemalige Vorsitzende der LPG in Breesen, betraut. Es spricht für die umfassende Anerkennung seiner Person, seinem Wissen, Können und seiner Reputation in dieser neuen und verantwortungsvollen Aufgabe, die er bis zum Renteneintritt 1997 erfüllte.

Im Ortsteil Breesen von Laage gab es keinen sogenannten „Wiedereinrichter“ seines ehemaligen Bauernhofes. Zum einen waren das „gestandene Alter“ der Familienmitglieder der verbliebenen Bauernfamilien wohl eine Überlegung. Auch die Aufnahme eines erheblichen Kredits, mit allen Vor- und Nachteilen abwägend, eine andere Seite. Man müsste in jedem Falle in kurzer Zeit versuchen, wettbewerbsfähig zu werden und möglichst zu bleiben.

Es wäre allein Helmut Precht, aus Niedersachsen kommend, zu nennen, die geerbten und zugekauften Ackerflächen von Massow, Seemann, Ahrendt und Werner Möller aus Breesen kurz bewirtschaftete, sie dann an Georg Kellner aus Jahmen verpachtete. Seine bäuerlichen Tätigkeiten beschränken sich zurzeit auf die Bewirtschaftung der Wiesen– und Weidenflächen oben genannter Höfe.

Es kam erneut durch die Auflösung der genossenschaftlichen Wirtschaftsform zu großen Umstrukturierungen der Acker- und Wiesenflächen und des gesamten Tierbestandes. Diese Neuaufteilung betraf nicht nur Breesen, sondern weitere umliegende Dörfer, die Acker-, Wiesen- und Weideland und Tierbestand in die ehemalige LPG eingebracht hatten.

Von 1998 bis 2015 leitete Dr. Meseke die Agrargenossenschaft Breesen. Gegenwärtig liegt die Leitung des Betriebes in den Händen dreier Brüder aus dem Emsland.

Was ist aus den acht Bauernhöfen geworden?

Der Hof der Familie Kellermann mit 50 ha gehört heute dem Land Mecklenburg-Vorpommern. Die 48ha Lüth/ Liedtke sind bei Gerhard Liedtke verblieben. Ernst-Otto Thode ist heute der Besitzer von 47,5 ha Land, das vormals Bauer/Timm gehörte. Helmut Precht hat 51,0 ha von Arndt/Arendt, 54,7 ha von Zarendt/Möller und 28,9 ha von Seemann/Bachmann/Alex übernommen. Unbekannte Eigentümer haben die jeweils 61,0 ha großen Flächen von Russow/Balke/Rollfs und Schmidt/ Berlin/Biermann übernommen.

Quellen:

„Handbuch Mecklenburg-Schwerin“, 1881, Verlag Carl Hinstorff.

Unveröffentlichtes Manuskript, Familienschrift aus dem neuhochdeutschen (NhD.), übersetzt von Franz Kellermann, Vorbein über Grimmen. Gedächtnisprotokoll von Rolf Kellermann, z.T. von Jürgen und Horst Kellermann.

40 Jahre VEB Kreisbetrieb für Landtechnik Güstrow, Autorenkollektiv.

Allgemeine Nachschlagewerke.

Staatliche, kirchliche und private Online-Portale.

Herzlich bedanken für ihre Auskünfte, Fotos, etc. möchte ich mich bei:

Fritz Abs, Helga Bröker geb. Köster, Diethard Düsterhöft, Karl Kay, Eleonore Kuphal, Gerhard Liedtke, Hella Prechel, Ernst-Otto Thode.

Besonderer Dank gebührt für ihre tiefgreifenden Erklärungen, Fotos, etc.

Helmut Liedtke aus Breesen (geb. 28.05.1935 in Breesen) und Wolfgang Nicke (geb. 12.02.1938 in Kalkhorst) aus Laage.

Alle Fotos ohne Herkunftsbeleg entstammen dem Archiv Rolf Kellermann.

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