Laager Erinnerungen

Eine Zeitreise durch Laage

Laager Gaststätten, gestern und heute

– Gaststätten im Wandel der Zeit –

Vorbemerkungen:

Dieser Beitrag ist eine Sammlung von bisher unveröffentlichten Geschichten, Episoden und Fakten über das Gaststättenwesen in Laage. Es umfasst ein Zeitfenster von über 200 Jahren.

Das Laager Gaststättengewerbe hat eine lange Tradition. Bereits über viele Jahrhunderte hinweg ist dieses Gewerbe in den verschiedensten Formen in Laage präsent. Mit den Bezeichnungen „Schenken“, „Krug“, „Lokale“, „Restaurants“, „Gaststätten“, „Hotels“ und „Cafés“ finden wir die ganze Breite des Gaststättengewerbes. Unter diesen Namen boten die Inhaber den Gästen Getränke, Essen und Übernachtungen an. Gespanndienste für Fuhrwerke und sonstige Dienste gehörten ebenfalls zu ihren Leistungen.

Peter Zeese, heutiger Chronist der Stadt Laage, und der Heimatkundler Hugo Hehl schrieben bereits in früheren Beiträgen über das Gaststättengewerbe in Laage. Unter Beachtung/ Einbeziehung ihrer gesammelten Erkenntnisse ergänzt der Autor dieses Beitrages deren Aussagen und erweitert sie durch persönliche Erinnerungen.
Es gab in Laage einmal Zeiten, da gab es im Vergleich zu heute weitaus mehr Hotels und Gaststätten. Auf diese Situation verwies Peter Zeese, als er im Laager Stadtanzeiger 07/2006 u.a. folgendes schrieb:

„Im Jahre 1808 gab es in der 160 Wohnhäuser umfassenden Stadt 7 Schenken. 1835 waren es schon 12 Schenken“.

Die Ursachen für diese Entwicklung sah er in folgendem:

„Das Städtchen Laage bildete früher einen wichtigen Brückenort auf der Strecke von Rostock nach Neubrandenburg. Viele Kutscher, die mit ihren Fuhrwerken Waren in die Hansestadt Rostock brachten, übernachteten in dem kleinen Städtchen, bevor sie am frühen Morgen in Richtung Rostock aufbrachen, denn bevor es die Bahnstrecke gab, wurden alle Waren des täglichen Bedarfs mit Fuhrwerken transportiert“.

Die damaligen Besitzer und Betreiber waren u.a. die Bäckermeister Babendeerde, Getzmann und Schmidt, der Konditor Weidemann und die Konditorwitwe Nagel, der Malermeister Lück sowie die Gastwirte Bosack, v. d. Hauck, Nehls, Schröder und Possehl.

Einer der bekanntesten Laager Gastwirte in diesen Jahren war Friedrich Ludwig Christian von der Hauck (1816- 1874). Er war zeitweiliger Besitzer des Gasthauses „Hotel zur Sonne“. Die Gastwirtschaft „Zum Deutschen Hause“ bewirtschaftete ab 1874 zunächst Fritz Possehl. später Max Possehl. Als Imbissgaststätte wurde sie danach von Marlies Dievenkorn, Hans Berndt und Hans-Dieter Porath betrieben. Es ist bezeichnend, dass drei Bäcker nebenbei eine Gastwirtschaft betrieben. Es war auch schon damals sicherlich ein kleines „Beibrot“, da es an Bäckereien in Laage nicht mangelte.

Im Jahre 1879 erweiterte der Besitzer der Henningsmühle sein Anwesen mit einer Kegelbahn. Damit wurde die Henningsmühle zu einem beliebten Ausflugsziel der Laager Bürger. Zur Gastwirtschaft in der Henningsmühle schrieb Hugo Hehl folgendes: „Die Henningsmühle wurde 1692 als Papiermühle gebaut und genutzt. 1836 wurde sie durch den Pächter Hennings, seitdem auch der Name Henningsmühle, zur Getreidemühle umgebaut. Der Mühlenbetrieb wurde bis in das 20. Jahrhundert aufrechterhalten“. Mit dem Mühlenbetrieb entwickelte sich auch eine Ausflugsgaststätte.


Henningsmühle
Ich kann meine Lokalitäten den geehrten Gästen am Karfreitag, sowie an den beiden Ostertagen bestens empfehlen. Gute Getränke, Kuchen und Schlagsahne.
Es ladet freundlichst allzeit ein, zu einem guten Schoppen Bier und Wein.
Der Mühlenwirt

Laager Zeitung vom 27.03.1929

Jedoch in der Nacht vom 3.11. zum 4.11.1929 brannte die Henningsmühle ab. Aber dank des guten Wetters konnte das Haus bereits 1930 wiederaufgebaut werden. Das Haus selbst wurde etwa wieder so aufgebaut wie das von 1836, mit einer Gastwirtschaft und einem großen Saal mit einer Bühne für Theateraufführungen. Maskenbälle und Sommerfeste im Park, sowie Wettkämpfe auf der Kegelbahn wechselten sich ab.  So wurde die Henningsmühle in all den Jahren ein beliebtes Ausflugslokal für die Laager Bürger, wo sie sonntags auf ihrem Spaziergang ins Grüne einkehrten und bei Frau Kleemann Kaffee und Kuchen bekamen.


Zum damaligen Brandgeschehen entnahm man aus der Laager Zeitung folgende Meldungen:

Lokales und Allgemeines:
In der Sonntagnacht 03./04.11.29 brannte die weit und breit bekannte Henningsmühle, die frühere Papiermühle vollständig nieder, der unmittelbar daneben liegende Stall wurde gerettet. Während im Saal noch getanzt wurde, muss im Dachraum längere Zeit das Feuer unbemerkt gebrannt haben, denn plötzlich schlugen die hellen Flammen aus dem Dach hervor. In kurzer Zeit griff das Feuer nach links auf die Mahlräume und nach rechts auf die Wirtschaftsräume über. Damit ist ein Wahrzeichen und ein Stück unserer Stadtgeschichte, ein landschaftlich so idyllisch gelegenes Gebäude, in Trümmer versunken.

Ut Laager Zeitung von Mittwoch den 6.11.1929

„Das bisher außergewöhnliche milde Wetter hat den Wiederaufbau der abgebrannten Henningsmühle soweit gediehen lassen, dass heute das Richtfest gefeiert werden kann. Das Haus ist in seinem vollen Umfange wiedererstanden. Da das Dachgeschoß für die Privaträume genutzt wurde, entstand ein doppelt so großer Saal.“

Zeitung vom 21.12.1929

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War es 1929 der Brand des Hauses, der den Gaststättenbetrieb zeitweilig unterbrach, so war es 1945 das Ende des II. Weltkrieges, der die generelle Einstellung des Gaststättenbetriebes einläutete. Zunächst wurde unmittelbar nach Kriegsende der gesamte Gebäudekomplex zur Seuchenstation erklärt. Danach, und daran kann ich mich noch persönlich erinnern, wurde der Saal für den Schul-sport in den Wintermonaten benutzt. Es war in der Zeit, als in der Korffchen Villa Klassenräume für den Schulunterricht genutzt wurden. Und noch an ein weiteres Ereignis kann ich mich persönlich erinnern. Ob es im Dezember 1945 bzw. 1946 gewesen ist, ist dabei nicht mehr nachvollziehbar. Es fand aber definitiv statt. Es war eine erste Weihnachtsfeier nach 1945 im Rahmen der neuen „Kinderlandbewegung“.

Das endgültige Ende der Henningsmühle war dann Anfang der 1970er Jahre. Nach der Seuchenstation folgte zunächst eine Touristenstation. Ab 1960, als die Bahnanlagen erneuert wurden, diente das gesamte Areal der Reichsbahn. Zuletzt war die Betriebsberufsschule „Bruno Schramm“ der Reichsbahn hier untergebracht.


Das Gebäude der Henningsmühle wurde dann von der Stadt wegen Baufälligkeit (Schwammbefall) aufgegeben und schließlich abgerissen.

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Aber noch andere Gaststätten sind zu nennen, die in dieser Zeit entstanden bzw. in Betrieb waren. So u.a. die Bahnhofsgaststätte, die mit der Fertigstellung des Laager Bahnhofs 1886 eröffnet wurde. Die Bahnhofsgaststätte wurde besonders nach Ende des II. Weltkrieges wieder zu einem Treffpunkt vieler Menschen vom Lande. Neusiedler, Altbauern und Beschäftigte von Gütern der Umgebung kehrten hier ein, nachdem sie ihre damaligen „Ablieferungspflichten“ erfüllt hatten. So manche Story wurde dann erzählt und in die Welt gesetzt.

So auch diese, aufgeschrieben von Hugo Hehl:

„Im Winter wurde nach der Viehablieferung manchmal bei Bruno Engler ein Grog zu viel getrunken. So schlossen sie eine Wette ab, indem Fritz Wulf, genannt „Spitzkohl“, er hielt draußen mit einem Einspänner mit Kohlen, wohl seinen Schimmel ausspannen würde und in die Wirtschaft führt. Gesagt, getan. So kam der Vierbeiner in die Bahnhofswirtschaft und machte da natürlich aus „Angst“ sein Geschäft. Es hieß danach:
„Weit und breit – Oje, – auf dem Bahnhof kein WC“.

Fast 100 Jahre war die Gastwirtschaft in Betrieb. Hinter den Namen Niemann, Christen und Engler verbargen sich die zeitweiligen Betreiber. Die Konsumgenossenschaft war der letzte Gastgeber der Wirtschaft. An ein „Überleben“ war nicht zu denken, denn der ehemalige Bahnhof war eben kein Bahnhof mehr, sondern ab Ende des 20. Jahrhunderts nur noch ein „Haltepunkt“ für Vorortzüge.

Im Zeitabschnitt der Jahrhundertwende fällt auch in Laage – Pinnow die Eröffnung der Gaststätte „Zum Einsiedler“, eine für damalige Verhältnisse recht einfache und rustikale Wirtschaft, die im Jahre 1907 zur Geburtsstätte des Laager Fußballs wurde. Hier an diesem Ort, dazu zählt auch ein vor der Gaststätte liegender Sportplatz, wurde 1907 durch einige Laager Sportler der F.C. Corso Laage 07 gegründet. Im darauffolgenden Jahr fand dann hier das erste offizielle Fußballspiel einer Laager Fußballmannschaft statt. Bis zum Jahre 1926 fanden dann ständig die Fußballspiele hier statt. Damit war ein ständiger Zulauf für die Gaststätte gegeben.

Noch einmal erlebte diese Gaststätte in ihrer direkten Umgebung ein großes Ereignis, denn am 13. September 1931 lud der neugegründete Segelflugverein Laage zum Flugtag am Judenberg ein. An diesem Tag sollte ein Schulgleiter vom Typ Opitz seinen Jungfernflug starten, den der Tischlermeister Albert Simon in seiner Werkstatt in der Bahnhofstrasse gebaut hatte. Doch der auf den Namen „Laager Urvogel“ getaufter Segler blieb trotz aller Bemühungen des Veranstalters am Boden. Die Gaststätte „Zum Einsiedler“ konnte von diesem Ereignis, auch für spätere Zeiten, keinen Vorteil erlangen, denn der Segelflugverein stellte danach seine Tätigkeit ein.

Ergänzend zu den bisher genannten Wirtschaften und deren Betreiber sind noch zu nennen: „Restaurant Fürst Blücher“, Inhaber H. Niemann, gelegen am Markt, im späteren Haus der Schlachterei Behrmann. Postkarten erinnern heute noch an dieses Restaurant. Erinnert wird dabei an den Besuch von Fürst Blücher in Laage. In der Nacht vom 14.08.1814 auf den 15.08.1814 übernachtete er hier.

Fürst Blücher begrüßte den Gastwirt mit den Worten:

„Schock schwere Brett! Gott schtrafe mir!
Bin richtig ich geritten hier?
„Na ja, seg ick ! Hier kamens rin.
Dit wat die richtig Kraug woll sin!“
Am nächsten Morgen hieß es dann:
„So leb` denn wohl, geliebtes Laage!
Dies war der schönste meiner Tage!“
„Adschüs! Denn maken`st öfters so,
Un kamen `s heil dörch Teterow!“

Diese nicht alltägliche Episode ist ein Stück Laager Geschichte, das weit über die Laager Stadtgrenzen hinweg bekannt wurde. 100 Jahre nach diesem Ereignis ehrte man Fürst Blücher, auch Marschall „Vorwärts“ genannt, mit der Errichtung eines Blücherdenkmals in Laage.

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Zur Laager Gaststättenvielfalt gehört auch die von „Piepen Behnke“ einige Zeit geführte Wirtschaft „Reinholds Gaststätte“, gelegen in der Marktstraße. Nach „Piepen Behnke“ folgten hier die Wirtsleute „2 Finger Wirt“ und Siements. Neben den Dauergästen aus der Stadt Laage, insbesondere die Laager Ackerbürger und Handwerker, hatten sich Ende der 1940er Jahre die Laager Schachspieler in dem großen Gaststättenraum etabliert. Ich erinnere mich noch persönlich an die wöchentlichen Schachabende mit Fritz Abs, Franz Habenicht und Gerhard Ahrens. Als Anfänger des Schachspiels schauten wir damals schon auf die Herren Niemann, Kahl und Mistygaez, die die BSG Traktor Laage im Schach vertraten und den Laager Schachsport regional und im Bezirk bekannt machten.

Im Übergang vom 19. zum 20./21. Jahrhundert verschwanden einige Wirtschaften, neue kamen dazu und bilden teilweise noch heute die Grundlage der Gastronomie in Laage.

So das Hotel „Mecklenburger Hof“, das Hotel „Zur Sonne“, unmittelbar im Bereich des Marktes und das Hotel „Stadt Brandenburg“ in der Hauptstraße am Ausgang der Stadt in Richtung Rostock.

Diese drei Hotels existierten einige Jahrzehnte zeitgleich nebeneinander. Jedes Hotel hatte seine eigene Geschichte. Alle drei existieren heute nicht mehr. Nur der damalige Gasthof „Schröder“, ebenfalls im Bereich des Laager Marktes gelegen, zeigt sich heute nach Renovierung und Umbau als „Cafe Stern“.

Schon 1935 gab es im Gasthof „Schröder“ größere Veränderungen, nachdem ein Großbrand viele Teile der Gaststätte zerstört hatte. Auch der zur Gaststätte gehörende Saal, vor dem Brand im oberen Stockwerk gelegen, erhielt seinen neuen Standort im unteren Bereich. Dieser Saal war dann noch einige Jahrzehnte nach 1945 als „Konsumgaststätte“ bekannt. Unter Leitung der Familie Hosch wurde diese Stätte zum Zentrum für Kulturveranstaltungen aller Art. Erst mit dem Bau eines Kultur- und Sozialgebäudes des VE – Guts, entspannte sich die Situation im Konsumsaal. Das Zentrum der bisherigen Kulturveranstaltungen verlagerte sich nunmehr in diese Stätte, die nach dem Tode des ehemaligen Direktors Albert Brüggemann von der Laager Bevölkerung in „Albertinum“ umbenannt wurde. Nach der Wende wurde aus der Konsumgaststätte das heutige „Cafe Stern“. Der traditionsreiche Konsumsaal wurde beim Umbau abgerissen.

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Dazu kamen noch die heute nicht mehr existierenden Gaststätten und Lokale wie die Gastwirtschaft „Zum Deutschen Hause“ und die Gaststätte Koczik.  Die Lokale von Gothmann, Lück, Dehn, C. Krüger und Carl Oloff existierten nach 1945 nicht mehr.

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Während die Gaststätte Koczik bereits vor 1945 existierte, entstand in den ersten Nachkriegsjahren die HO-Gaststätte „Stadt Mitte“, als eine besondere Form der Handelsorganisation der DDR. Diese in der Hauptstraße gelegene Wirtschaft wurde sehr schnell zum Treffpunkt der Sportler der Stadt Laage. In den nachfolgenden Jahren wechselten die Beitreiber sehr oft. Namen wie Rademacher, Pagels, Ohde, Grabosch und Langberg sind hier zu nennen. Die Gaststätte Koczik gehörte schon immer zu einer gut besuchten Wirtschaft. Schon sehr früh nach Kriegsende gab es an den Wochenenden selbstgebackenen Kuchen und Eis. Die Erinnerung daran ist für mich insofern von Bedeutung, da meine Mutter hier als Kellnerin und Eisverkäuferin wirkte. In den Sommermonaten fand der Eisverkauf täglich auf der seitlichen Terrasse des Hauses statt. Mit einem Dreiradauto fuhr der jüngste Sohn der Familie auch mit meiner Mutter zum Eisverkauf von Dorf zu Dorf. An besonders heißen Tagen warteten die Dorfkinder sehnsüchtig auf die Abkühlung und an manchen Tagen musste die Tour sogar zweimal befahren werden. Für den späteren Gast der Wirtschaft und auch für Gruppen boten die Wirtsleute eine Kegelbahn zur sportlichen Betätigung an. Es blieb somit nicht aus, dass Sportvereine der Stadt hier ihr Domizil fanden. Die kleine Gastwirtschaft Koczik wurde somit über Jahrzehnte hinweg zum Inbegriff gemütlicher Gastronomie. Nach Koczik betrieben Peter Kruse und Randow Göhner die Wirtschaft weiter. Heute ist diese Stätte als „Haltestelle Nr.1“ betitelt.

Viele, viele Jahre später, etwa um die 1960er Jahre, eröffnete die Konsumgenossenschaft im ehemaligen Uhrengeschäft von Paul Weidemann eine „Kaffeestube“.
Diese Einrichtung entsprach den Bedürfnissen der Bevölkerung von Laage und den Gästen der Stadt. Neben Kaffee und Kuchen waren natürlich auch weitere Backwaren im Angebot. Auch in dieser relativ kleinen Einrichtung war meine Mutter eine gern gesehene Aushilfskraft in den Stoßzeiten des Geschäftes.
Auch die Gartenliebhaber errichteten mit Gerhard Pense als ersten Betreiber die Gaststätte die „Queke“. Nach Gerhard Pense übernahmen die Frauen Trude Wegner und danach Frau Pieper die Bewirtschaftung der Queke.

Ein bekanntes, heute nicht mehr existierendes Hotel, war das Hotel „Mecklenburger Hof“. Ein altes Postkartenbild aus den 1920er Jahren mit dem abgebildeten „Hotel Mecklenburger Hof“, eine Niederschrift des ehemaligen Stadtinspektors Halbekath aus den 1950er Jahren über dieses Hotel und ein in den 1990er Jahren entstandenes Gedicht von Thea Zarmstorff mit dem Titel „Erinnerung an Laag“, waren meine Quellen für die nachfolgende Geschichte. Dazu noch meine ganz persönliche Erinnerung an unsere ersten Zusammenkünfte als Jugendfußballmannschaft Ende der 1940er Jahre in den Gaststättenräumen des Hotels. Obwohl dies nur von kurzer Dauer war, erinnere ich mich noch sehr gut an einen Raum in der Gaststätte mit vielen Pokalen und Wimpeln an den Wänden und in Vitrinen, in dem wir unsere Mannschaftssitzungen abhielten.

Zunächst aber einige weitere Ausführungen zu den eingangs genannten Quellen, und zwar beginnend mit dem Bild des Hotels „Mecklenburger Hof“.

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Das Bild zeigt zwar nur die Hälfte der Vorderfront des Hauses, es ist aber der prägnanteste Teil des Gebäudes. Im nicht abgebildeten Gebäudeteil waren u.a. ein großer Speiseraum und darüber waren die Gästezimmer des Hotels. Am Ende des Hauses befand sich eine Toreinfahrt, die zum Innenhof des Grundstücks führte. Sehr aufschlussreich waren dazu die Aufzeichnungen des damaligen Stadtinspektors Halbekath.

Die ersten und letzten Zeilen seiner Niederschrift: „Ursprung und Werdegang des Hotels „Mecklenburger Hof“ aus dem Jahr 1957 enthalten u.a. das Bekenntnis zu seiner Laager Heimat und zur Familie Elsner, ausgedrückt durch die folgenden Zeilen:

„Grüne Wiesen, die alte Bockmühle, die Windmühle beim Judenberg und der stille Recknitzfluss, —- so steht unsere Heimat in unserem Gedächtnis! Die Häuser und die Straßen sind die gleichen, nur die alten Freunde sind nicht mehr. —-
Vieles hat sich geändert, wenn ich nur denke an das Hotel „Mecklenburger Hof“, dessen Entwicklung als langjähriger Beamter der Stadtverwaltung ich seit dem Jahre 1919 miterlebte“. „Walter Elsner ist der Mann, der alle diejenigen, welche aus der Heimat stammen und in Hamburg ihren Wohnsitz genommen haben, zusammenruft, zur Heimatliebe und zum Zusammenhalten ermahnt.“

Hamburg im Dezember 1957
Hans Halbekath
Stadtinspektor in Laage
von 1919 bis 1945
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Eine weitere Quelle ist das in den 1990er Jahren von Thea Zarmstorff, geb. Elsner, entstandene Gedicht: „Erinnerung an Laag“. Darin heißt es:

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Thea Zarmstorff, geb. Elsner wurde in Laage geboren und erlebte ihre Kindheit und Jugendzeit mit ihrem Bruder und ihrer Schwester im Haus „Mecklenburger Hof“, unmittelbar am Markt in Laage. Bis 1948 wohnte sie damit im Zentrum der Stadt und erlebte viele Veranstaltungen auf dem Marktplatz und war Zeuge des täglichen Gaststättenlebens. Sie kannte deshalb auch sehr viele Gaststättenbesucher aus Laage, kannte ihre alltäglichen Gewohnheiten, Schwächen und Stärken. Deshalb war es eine großartige Idee von ihr, dieses Erinnerungsgedicht zu schreiben. Es ist eine Hommage an ihr Geburts- und Elternhaus und an die damaligen Stammgäste (Zecher) des Hauses. Nur wenige wissen es heute noch und noch wenige haben jemals einen Fuß in die Gaststätte bzw. in dieses Hotel gesetzt. Aber Dank der Aufzeichnungen des ehemaligen Laager Stadtinspektors Halbekath und der Erinnerungen von Thea Zarmstorff wurde ich ermutigt, diese Geschichte zu schreiben. Aber es gab noch einen weiteren Grund, das zu tun. Das waren meine persönlichen Erinnerungen an Thea und Gustav Zarmstorff. Beide hatten um 1950 geheiratet und wohnten zeitweilig in der Hauptstraße neben dem ehemaligen Friseurgeschäft Schulz und dem Lebensmittelgeschäft Herrmann Vagdt. Ich wohnte in der Rosmarienstraße Nr 3, ein paar Schritte von beiden entfernt. Thea und Guschi (wie er auch genannt wurde) waren schon früh im Besitz eines Fernsehgerätes und so waren meine Mutter und ich lange Zeit fast jeden Montagabend Fernsehgast bei ihnen zu den Filmen aus der „Rumpelkammer“, vorgestellt von Willi Schwabe, dem Mann mit der „Laterne“. Aus dieser freundschaftlichen Geste und aus dem späteren Zusammensein mit „Guschi“ beim Fußball entstand eine nachhaltige Beziehung und das waren dann auch meine weiteren Beweggründe, diese Geschichte zu schreiben.

Und nun zurück zum „Hotel Mecklenburger Hof“.
Unter Bezugnahme auf die genannten Quellen und auf mündliche Erzählungen noch lebender Zeitzeugen ist zum Ursprung und Werdegang des Hotels folgendes zu nennen:

Ich zitiere dazu aus der Niederschrift des ehemaligen Stadtinspektors Halbekath:

„Das Grundstück wurde 1911 aus dem Besitz der alteingesessenen Familie Getzmann (Pümper Getzmann genannt), vom Bäckermeister Fritz Elsner erworben. Auf demselben wurde neben einer Bäckerei die Gastwirtschaft in zunächst bescheidenem Maße betrieben und das neben dem Bäckerladen gelegene, als Treffpunkt für die junge Welt gedachte „Rosenstübchen“, reichte außer der größeren Gaststube sehr bald für den Geschäftsbetrieb nicht mehr aus. Dies erkannte der Sohn Walter Elsner, er stellte den Bäckereibetrieb ein und baute stattdessen das Haus zu einem Hotel um“. Bis zu 30 Gäste konnten im Hotel übernachten. Gäste aus Schweden und Dänemark, die von Warnemünde aus über Laage nach Deutschland hineinfuhren, nutzten die Möglichkeit der Übernachtung. „In der Küche waltete Frau Berta und leistete mit Unterstützung von „Tante Minna“ (Frau Minna Wulf) Hervorragendes. Es wurde gearbeitet nach dem Motto:
„Hier kannst du gut rasten, brauchst nicht zu fasten, hier kannst du schlafen und speisen nach anstrengenden Reisen.“

Aber nicht nur Reisende suchten die gemütliche Gaststätte auf, der Wirt Walter Elsner zog auch zahlreiche Bürger an, so u.a.

  • Amtsgerichtsrat von Görbitz, Amtsgerichtsrat Dr. Struck, Architekt Paul Korff, Dr. med. Roß, Dr. med Rößler,
  • Domänenpächter Wulf, Domänenpächter Kirchner, Kaufmann Paul Behrmann, Postmeister Hans Wustrow,
  • Schlossermeister Otto Hahn, Schlachtermeister Otto Kreß, Kaufmann Hermann Garber, Malermeister Otto Hoff,
  • Friseurmeister Otto Hübbe und Kaufmann Willi Schmidt.

Die „Prominenz“ von Laage und Umgebung kehrte hier ein.

Nahezu alle Vereine der Stadt tagten im Hotel Mecklenburger Hof,

  • der Fußballklub F.C Corso mit seinem Vorsitzenden, Rektor Nix,
  • der Tennisklub mit seinem Vorsitzenden, Mühlenbesitzer Hugo Lüth (Korleput),
  • der Stadtsparkasse mit den Vorsitzenden, Bürgermeister Kähler und Stadtrat Sothmann,
  • die Molkereigenossenschaft mit dem Vorsitzenden Dr. Wendhausen (Spotendorf),
  • der Vorschussverein mit seinem Vorsitzenden Zimmermeister, Max Bremer und dem Bankleiter Vagdt,
  • der Kriegerverein mit seinem Vorsitzenden, Bäckermeister Wiegert,
  • die Bäckerinnung mit dem Vorsitzenden, Bäckermeister August Babendererde,
  • die Schuhmacherinnung mit dem Vorsitzenden, Schuhmachermeister Hans Steinfeldt,
  • der Freihandschiessklub mit seinem Vorsitzenden, Schneidermeister Fritz Hagen,
  • die Freiwillige Feuerwehr mit den Hauptleuten Erdmann Kröger und Carl Borchert,
  • die Schützenzunft mit den Älterleuten, Sattlermeister Ernst Müller und Rendant Fritz Jentsch,
  • der Junggesellenklub mit den Vorsitzenden Paul – Friedrich Bolzendahl und Karl Schröder,
  • der Lehrerverein mit dem Vorsitzenden, Rektor Ziegler,
  • das Stadtverordnetenkollegium und der Gastwirtverein mit seinem Vorsitzenden, Gastwirt Possehl.

In den Aufzeichnungen des Stadtinspektors Halbekath und im Gedicht von Thea Zarmstorff werden noch weitere Laager Persönlichkeiten genannt, die sich hier zu den Skatspielen einfanden bzw. ihr Sonntagsbier in gemütlicher Runde genossen. Darunter die unentwegten Skatspieler Gärtnereibesitzer Paetel, Drogist Heini Frank und Kaufmann Wilhelm Bartels.

Als immer feuchtfröhliche Gäste und Originale, die sehr zur Erheiterung der Gäste beitrugen, sind noch zu nennen:

  • Spediteur Hans Deicke (es war einmal ein Spediteur, ein ganzes Fass, das trank er leer, ein ganzes Fass und noch viel mehr, das trank er aus, der Spediteur),
  • Professor Holm (in Wirklichkeit Fleischbeschauer), Zeitungsausträger und Schnellläufer Carl Lohrmann, genannt Hurtig,
  • Maurermeister Ludwig Hehl, genannt Freiherr von Stein,
  • Brunnenbauer Heinrich Pantlitz, genannt Baron von Pump,- Glasermeister Ernst Meyer, genannt Freiherr von Kitt.

Es waren alles „gutbetuchte“ Menschen, die hier einkehrten.

Der Wirt, Walter Elsner selbst, verstand es meisterhaft, so die Aussagen des ehemaligen Stadtinspektors Halbekath, bei Späßen mit seinem immer ernstbleibenden Gesicht, vorzüglich zur Erheiterung der Gäste beizutragen. Wenn zu später Nachtstunde mit Amtsmine die beiden Nachtwächter Wilhelm Krüger und Wilhelm Rummel erschienen, so ergab sich meistens sehr bald, dass auch diese in den Kreis der „Zecher“ hineingezogen wurden und schließlich vergaßen, weshalb sie eigentlich das Lokal betreten hatten, nämlich um Feierabend zu bieten.

Weiter heißt es dazu im Text vom Stadtinspektor:

„Wilhelm Rummelhagen betätigte sich am Tage als städtischer Ausrufer. Er wusste die plattdeutsche und die hochdeutsche Sprache schlecht auseinander zu halten. Wenn er für Kaufmann Schmidt das Eintreffen frischer Bücklinge bekanntmachte, dann lautete seine Bekanntmachung zum Gaudium der Einwohnerschaft:

„Bi Koopmann Smidt an`n Mark sünd frischgeräucherte Bücklinge tau verköpen!“

Erinnerten die bisherigen Darlegungen an eine erfolgreiche Zeit des Familienunternehmens, so begann mit Ende des II. Weltkrieges der Zerfall des Betriebes, nicht als Ergebnis einer ruinösen Arbeit des Besitzers, sondern im Ergebnis der gesellschaftlichen Nachkriegsverhältnisse.

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Dazu zitiere ich die letzten Erinnerungen des damaligen Zeitzeugen Halbekath:

„Mit Kriegsende im Jahre 1945 wandelte sich das Gesicht des Mecklenburger Hofes. Die Rote Armee rückte ein, Walter Elsner und Frau wurden mit dem Wirtschaftspersonal des Hotels einbezogen in die Versorgung der Flüchtlinge. Bis zu 500 Mahlzeiten wurden an einem Tag ausgegeben. Als große Stütze erwies sich hierbei Hermann Völker, von allen „Friedrich“ genannt. Die Besatzungsmacht belegte danach 2 Jahre lang das Hotel. Nach Fortgang derselben spitzten sich die Verhältnisse derart zu, dass Walter Elsner und Frau mit den beiden Töchtern Ende Dezember 1948 die Heimat verließen. Damit zerrannen jahrelanger Fleiß und mühsame Aufbauarbeit in ein Nichts“.

Thea Elsner kehrte einige Zeit später nach Laage zurück und heiratete „Guschi“ Zarmstorff. Beide wohnten dann nach einem kurzen Wohnaufenthalt in Schwaan zeitlebens in Laage und fanden auch ihre letzte Ruhestätte auf dem Friedhof.

Ein weiteres Hotel, gegenüber dem „Mecklenburger Hof“ gelegen, war das Hotel „Haus Sonne“.
Das im Jahre 2016 abgerissene Haus in der Hauptstraße 28 beherbergte einst das Hotel „Haus Sonne“, unmittelbar gegenüber dem Hotel „Mecklenburger Hof“ und neben der Gaststätte Schröder. Alle Räume befanden sich oberhalb der zweiten Etage. Auch ein Saal gehörte zu den begehrten Räumlichkeiten des Hotels. Auf dem hinteren Teil des Grundstücks befand sich nach 1945 die Autowerkstatt von Wöhlbrand.

Die einige Jahrzehnte als Gaststätte Schröder existierende Einrichtung war eine traditionsreiche Gaststätte. Im hinteren Bereich des Hauses befand sich ein großer Saal, der ursprünglich in der oberen Etage etabliert war.

Nach 1945 war die Gaststätte dann Konsumgaststätte mit Saalbetrieb. Hier fanden dann jährlich die vielfältigsten Veranstaltungen statt. Tanzveranstaltungen aller Art, organisiert von Vereinen und Betrieben, Kulturveranstaltungen wie Theatergastspiele, Musikveranstaltungen, Ausstellungen usw. Es war ein Ort Laager Kulturveranstaltungen.
Nach der Wende entstanden die Lokalitäten Eiskaffee „Schröderhof“, die Gaststätte „Springer“ und das Restaurant „Rosaluna“.

Ein weiteres, bis ins 21. Jahrhundert existierende Hotel war das Hotel „Stadt Brandenburg“.
Die nachfolgenden drei Bilder zeigen das Hotel in den 1930 er Jahren.  

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Die gesamte Fensterfront (5 Fenster) bilden den großen Gaststättenraum. Gegenüber der Theke befand sich ein kleiner Gaststättenraum und die Tür zur Küche. So war es in den 1950er Jahren, als ich mich als Fußballer und Gast dort aufhielt, denn nach Ende des II. Weltkrieges und mit der Gründung der BSG Traktor Laage hatten die Fußballer hier ihre neue Heimstätte zur Durchführung von Versammlungen und zum gemeinsamen Aufenthalt nach dem Training im großen Saal des Hotels. 

Während auf dem Postkartenbild noch Fritz Kuhlmann als Inhaber des Hotels angegeben wird, folgte danach die Familie Leuschner als Betreiber des Hotels. Danach erwarb die Familie Freimuth aus Warnemünde das Hotel. „Een Fischer und sine Fru“ wurden somit Gastwirte in Laage. Nach dem Tod von Paul Freimuth im Jahre 1984 übernahmen Rüdiger Krause und Mechthild Freimuth die Wirtschaft. Schon seit längerer Zeit werden die Wirtschaftsräume zur Vermietung angeboten. Ein neuer Pächter blieb bisher aus.

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Abschlussbemerkungen:

Liebe Leser!
Es ist mir bewusst, dass ich im Rahmen der Aufarbeitung meiner Erinnerungen zu dieser Thematik nicht alles erfasst habe, aber dennoch könnte es ein kleiner Baustein sein zur Erweiterung des Wissens über die Gastronomie in Laage. Wer noch weitere und bessere Informationen besitzt, sollte sie mir zu kommen lassen, um sie als Ergänzung herauszugeben.

Quellen:

Beitrag von Peter Zeese im Laager Stadtanzeiger vom 07/ 2006 mit dem Titel: „Die Laager Gastwirtschaften im 19. Jahrhundert“

Unveröffentlichte Dokumentation von Hugo Hehl: „Eine Straße schreibt Geschichte“

Aufzeichnungen von Herrn Halbekath aus dem Jahre 1959 über das Hotel „Mecklenburger Hof“

Gedicht von Thea Zarmstorff „Erinnerung an Laag“ aus den 1990er Jahren

Unveröffentlichte „Lebenserinnerungen“ von E. A. Dahl

Zuarbeiten von Klaus-Dieter Hopp

Bilder teilweise: „LAAGE/Mecklenburg – Bilder aus alten Zeiten“

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