Laager Erinnerungen

Eine Zeitreise durch Laage

Das Bade- und Schwimmvergnügen (1. Teil)

Eine etwas unerfreuliche Erinnerung Eine kleine Vorbemerkung: Bei der Sichtung des ohnehin wenig vorgefundenen Materials zu diesem Thema kam es zur Fragestellung, seit wann es überhaupt Bademöglichkeiten in Laage gibt. Absolut sicher ist, dass im Jahre 1911 eine Badeanstalt gebaut wurde, ob es aber die erste war, bleibt unklar.

Fritz Abs, ein bekannter Laager Heimatkundler, sagt dazu folgendes:

„Aus meinen Erinnerungen sind mir auch Erzählungen bekannt, wonach es eine Bademöglichkeit im Laager Stadtwald gegeben haben soll. Sie soll am Rande des Stadtwaldes in Richtung Breesen gelegen haben. Es soll ein kleiner Teich, gespeist von einer kleinen Waldquelle, gewesen sein, die zum Baden genutzt wurde. Von diesem besagten Teich, so erzählte man sich, holten sich die Mädchen bis in die 1950er Jahre am Ostersonntag in aller Herrgottsfrühe das „Osterwasser“ LINK. Ein uralter Brauch, denn, wenn man sich mit diesem Wasser wäscht, dann bleibt man immer jung und gesund. Diese Möglichkeit, jung und gesund zu bleiben, wurde reichlich genutzt.“

Seit Anfang 2016 ist eine weitere, bis dahin völlig unbekannte Badeversion im Gespräch, und zwar geht es um eine Badeanstalt, die der Laager Heimatverein im Rahmen der jährlichen Nennung von Gedenktagen nannte. Es geht um die Badeanstalt Buths in Laage, die im Jahre 2016 immerhin schon 150 Jahre geworden wäre. Der Laager Heimatverein nennt dazu auf seiner Homepage folgende Sachverhalte:

„Im Laager Wochenblatt vom l. Dezember 1866 empfiehlt die Badeanstalt Buths ihre neu und solide eingerichtete Dampf-Bade-Anstalt zur Nutzung an und aus einem Protokoll der Rats- und Ausschusssitzung der Stadt Laage vom 21. Mai 1874 ist zu entnehmen, dass der Zimmermeister Buths um einen Zuschuss zur Renovierung seiner Badeanstalt in der Kälberkoppel bittet. Eine Beihilfe wird genehmigt bei Berücksichtigung der Nutzung des Wassers aus dem Pludderbach.“

Es ist damit also sicher, dass es bereits vor 150 Jahren eine erste „Badeanstalt“ gab. Und das bereits in einem Gebiet, wo auch die weiteren Badeanstalten später gebaut wurden.
Nachfolgend nun die Geschichte von zwei Badeanstalten, die auch in einigen Dokumenten und in Zeitungsberichten eine entsprechende Beachtung fanden. Daraus geht hervor, dass im Laufe der letzten 60 Jahre die Einwohner der Stadt Laage, insbesondere die Kinder und Jugendlichen, zweimal innerhalb eines Jahrhunderts, der Möglichkeiten beraubt wurden, das Baden zu erleben und das Schwimmen zu erlernen.

Zweimal wurden in dieser Zeit öffentliche Badeanstalten geschlossen. Eine Badeanstalt, eröffnet im Jahre 1911, musste im Mai 1945 einstweilen aus hygienischen und ästhetischen Gründen geschlossen werden, da beim Einmarsch der Roten Armee sehr viele Menschen im Wasserbecken den Freitod wählten. Zeitzeugen können sich aber auch daran erinnern, dass diese Badeanstalt zum Zeitpunkt der Schließung auf Grund ihrer Bauausführung und ihres Bauzustandes moralisch und physisch verschlissen war, denn das Wasserbecken war nicht gemauert und hatte keinen Betonboden. Die drei Seitenwände bestanden aus Holzbohlen und Brettern. Die Seite in Richtung zur Kirche verlief flach auslaufend und war für Nichtschwimmer als Spiel- und Planschbereich ausgelegt.

Die Wasserfüllung und ein stetiger Frischwasseraustausch erfolgte über den Pludderbach, der parallel zu einer Bretterwand verlief. Das damals als recht naturgebunden anmutende Wasserbecken hatte damit aber auch seine natürlichen Schwächen, denn an einigen Stellen hatte sich die Natur in diesem Bereich und auf der rechten Seite des Beckens durch den Wuchs von Gras und Schilf kleinere Flächen des Beckens zurückerobert. An dieser Seite der Badeanstalt befand sich eine leicht ansteigende Grasfläche, die zum Sonnenbaden diente. Bretterbuden entlang der Eingangsseite versperrten den Blick von der Bahnhofsstraße auf das Wasserbecken. 50 bis 60 Meter lang etwa war die Entfernung von der Straße bis zum Tor der Badeanstalt. Vor dem Eingang bzw. auf dem Weg dorthin stand im Sommer der Eiswagen der Bäckerei Babendeerde. Für 5 Pfennige gab er eine Kugel Eis.

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Interessant war für uns Kinder auch das jährlich stattfindende Entschlammen, denn dann wurde das gesamte Wasser abgelassen und wir konnten dann kleine Fische vor dem Tod retten. Im Winter schauten wir zu, wenn Männer beim Eishauen waren und Fuhrwerksbetriebe der Stadt dieses Eis in die Eiskeller der Bierniederlassungen brachten. Zum Zeitpunkt der endgültigen Schließung, etwa Mitte der 1950er Jahre, war der Zustand der Gesamtanlage bereits außerordentlich schlecht. Neben der schlechten Wasserhygiene entsprochen auch die Sozialeinrichtungen nicht mehr den Anforderungen der Zeit. Es fehlten Umkleideräume, Toiletten und Duschen. Die Schließung des Bades war nur folgerichtig und absolut notwendig.

Festzuhalten bleibt ober, dass trotz der Mängel in der Ausstattung, sehr viele Kinder und Jugendliche hier das Schwimmen erlernten und viele Jahre hier ein Freizeitvergnügen fanden. Nach der Schließung war es nun notwendig geworden, besonders für alle Kinder und Jugendlichen Ersatzbadestellen zu finden. Für eine lange Zeit dienten dann einige Stellen an der Recknitz und in den Torflöchern am Judenberg als Ersatz zum Boden. Einige Zeitzeugen, wie Ernst-August Dohl, Fritz Weidemann, Gerhard Ahrens und Fritz Abs erinnern sich noch sehr gut daran, wie sie die Badestellen im Bereich der Bahnbrücke über die Recknitz und in den Wiesen aufsuchten und dort die bereits lest getrampelten Stellen an der Recknitz zum Boden benutzten. Das Baden in den Torflöchern konnten sich nur Schwimmer erlauben, da Untiefen auftraten, die gefährlich werden konnten. Übrigens war das Wasser in den Torflöchern nicht besonders klar, es war sehr moorig und getrübt. Leider fehlte dort die Dusche noch dem Boden. Weitere Alternativen zum Boden gab es zu dieser Zeit und natürlich noch heute im Hohen Sprenzer See, im Dolgener See und in der Ostsee.
Viele Jahre mussten die Kinder und Jugendlichen diesen Zustand hinnehmen, bis durch eine große Bürgerinitiative eine neue Badeanstalt – Volksbad – Schwimmbad geschollen wurde. Sie wurde ebenfalls in der Bahnhofstraße gebaut, und zwar im hinteren Bereich der Bockholt’schen Garagen, etwa 300m bis 400m Luftlinie von der letzten Badeanstalt entfernt. In der von Peter Zeese geführten Laager Stadtchronik, heißt es dazu wie folgt:

„1959: Einweihung des in der Bürgerinitiative geschaffenen Volksbades, des jetzigen Schwimmbades, das jährlich l7 bis 18000 Badelustige aufnimmt. An kühlen Tagen wurde das Wasser vom Milchzuckerwerk aufgewärmt.“

Dieser doch recht bescheidene Hinweis in der Chronik bedarf unseres Erachtens einer Ergänzung als Erinnerung für alle nachkommenden Generationen, denn diese sich zum echten Schwimmbad entwickelte Anlage hatte eine Zeitlang Sportgeschichte in Laage geschrieben.

Aber leider war diese Geschichte nur von kurzer Dauer.

Während die erste Badeanstalt etwa 4 Jahrzehnte alt wurde, wurde diese, mittlerweile zum echten Schwimmbad entwickelte Anlage, nur etwa 3 Jahrzehnte alt. Die Wendezeit war inzwischen eingetreten, dem Betreiber ging die finanzielle Puste aus. Der Betreiber war die Stadt und deren Kasse war klamm. Einen Investor, wie es heute so schön heißt, gab es damals nicht, um die Anlage privatwirtschaftlich weiter zu nutzen.

Doch bevor das Wasser aus dem Becken für immer verschwand, noch einmal zurück zum Anfang dieser Geschichte. Einige Zeitzeugen, wie u. a. Klaus Fischer, Rolf Bernd! und Hans Kammin schreiben dazu folgendes:

„In den Jahren 1958/1959 entstand durch eine große Bürgerinitiative das Volksbad. In der Folgezeit entwickelte sich das Schwimmbad zu einem beliebten Anziehungspunkt. Umkleidemöglichkeiten, Toiletten und Dusche waren jetzt vorhanden, so dass sich Freizeit und Schulsport, Lehrgänge für Nichtschwimmer, die Sektion Schwimmen der BSG Traktor Laage und vieles mehr entwickeln konnten. Klettergerüste, ein Kleinfeldfußballplatz vervollständigten die Auslastung. Besonderer Beliebtheit erfreute sich das Volleyballfeld. Regelmäßig tobten sich dort sommertags am Montag die Mitglieder der Sektion Volleyball aus. Eine Besonderheit, die sich sehr positiv für den Badebetrieb gestalten sollte, war die unmittelbare Nachbarschaft des Milchzuckerwerks. Zur Herstellung von Milchzucker wurden dort Umlaufverdampfer betrieben, deren Kondensatoren mit Recknitzwasser gekühlt wurden. Dabei erwärmte sich das Wasser auf 25-35 Grad. Dieses temperierte Wasser wurde ins Schwimmbecken geleitet und mit dem Frischwasser aus dem städtischen Netz vermischt. Eine dauerhafte Temperatur von mindestens 20 Grad konnten so gewährleistet werden. Die Wasserqualität entsprach den staatlichen Normativen, wenn auch festgestellt wurde, dass das eingeleitete Recknitzwasser feinste Torfschwebeteilchen mit sich führte und weiße Teile der Badebekleidung im Laufe der Zeil sich verfärbte. Weitere Konsequenzen ergaben sich daraus aber nicht. Der Vorzug des warmen Badewassers führte dazu, dass der Sportunterricht schon im späten Frühjahr in das Freibad verlegt werden konnte. Dadurch erfuhren die Schüler und auch Lehrer ein wenig Entlastung, da der Sportunterricht im Winterhalbjahr (eine Sporthalle existierte noch nicht, sie wurde erst 1979 erbaut) im Freien unter oft schwierigen Bedingungen, stattfand. Einen großen Zuspruch erhielten Hans Kammin und Rolf Bernd! Bei der Durchführung des Schwimmunterrichts und der Organisation von Schwimmlagern. Ihnen ist es zu verdanken, dass nahezu 100% der Schulabgänger zur damaligen Zeit schwimmen konnten.“

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Quellen
Persönliche Erinnerungen der Mitglieder der Interessengemeinschaft
Homepage des Heimatvereins

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