Einmal aus ganz anderer Sicht beobachtet
Im Jahre 2016 feierte die Stadt Laage ihr 800-jähriges Stadtjubiläum. Damit zählt sie zu den ältesten Städten von Mecklenburg.
Aus der von Peter Zeese im Jahre 2000 herausgegebenen Stadtchronik ist zu entnehmen, dass die Laager Stadtgründung zwischen den Stadtgründungen von Schwerin (1160) und der Stadt Rostock {1218) liegt. Danach folgen die vielen Städte um Laage herum, wie Güstrow (1228), Bützow (1236), Kröpelin (1240), Teterow (1272), Schwaan (1276) und Krakow (1298). In diesen 800 Jahren hat sich die Stadt Laage ständig verändert und weiterentwickelt, viele Brände und Kriege hat sie dabei überlebt und überstanden.
Von Generation zu Generation haben die Menschen ihre Fähigkeiten und ihr Wissen weitergegeben, angereichert und bestens genutzt. Dabei gab es in diesen 800 Jahren auch Zeiten, wo es in Laage nur noch 5 Einwohner gab. Das war im Jahre 1637, im letzten Jahrzehnt des 30-jährigen Krieges, als die Anzahl der Einwohner auf fünf Menschen zusammenschrumpfte. Es muss eine schlimme Zeit gewesen sein, in dem das Leben zur Hölle wurde. Fast 120 Jahre dauerte es dann, bis die Stadt eine Einwohnerzahl von 513 Menschen hatte. Fast weitere 250 Jahre vergingen, bis im Jahre 2006 die Einwohnerzahl von etwa 5000 erreicht wurde. Im Jubiläumsjahr 2016 ist mit etwa 5600 Menschen zu rechnen.
Nachfolgend nun eine Darstellung der Entwicklung der Stadt aus einer gänzlich anderen Betrachtungsweise – aus der Sicht der Verwendung von Zusätzen zur Ortsbezeichnung.
Es begann im Jahre 1216, als der Ort „Lauena“, später „Lawe“ und „Lawis“ (Brückenort) als Vorläufer des heutigen Namens der Stadt „Laage“ erstmals genannt wurde. Hier war jedoch die Bezeichnung „Brückenort“ noch kein Zusatz, sondern eine Übersetzung bzw. Deutung aus der Sprache der Wenden. Eine andere überlieferte Erstbezeichnung für den Ort war die 1216 erstmals schriftlich erwähnte slawische Burg „Lavena“ (Brückenort), die am Pludderbach stand und den Eingang zum Ort bewachte. In beiden Überlieferungen ist die Rede von einem „Brückenort“. Es ist die Brücke über die Recknitz. Das ist auch die Stelle eines wichtigen Knotenpunktes des mittelalterlichen Handelsweges, der sogenannten via regia, eine West-Ost-Handelsstraße von Schleswig über Dorf Mecklenburg-Werle-Laage-Lüchow-Dargun-Demmin-Usedom nach Wolin, im heutigen Polen gelegen. Dieser Brückenort hat vom Zeitpunkt seiner Entstehung eine wechselvolle Geschichte hinter sich, bis er sich zur gegenwärtigen Kleinstadt entwickelte.
So wurde in diesen 800 Jahren aus dem damals genannten „Brückenort“ eine sehenswerte Kleinstadt mit einer Ansiedlung von mehreren mittelständischen Unternehmen und mit einem ansprechenden Regionalflughafen. Die in den letzten Jahrzehnten verwendeten Zusatzbezeichnungen, wie Laage eine Ackerbürgerstadt, Laage eine Garnisonsstadt, Laage eine Lindenstadt und Luftkurort Laage sind ein Ausdruck für diese Entwicklung.
Es waren keine offiziellen, rechtsstaatlich genehmigten Zusatzbezeichnungen, sondern es waren von Stadtchronisten oder von Heimatkundlern kreierte Zusätze zum Stadtnamen, die über bestimmte Eigenarten der Stadt Auskunft geben sollten. Es sollten damit besondere Wertschätzungen genannt werden oder etwas Besonderes hervorgehoben werden. Es wäre aus heutiger Sicht durchaus nicht abwegig, wenn Sportenthusiasten Laage mit dem Zusatz versehen würden „Laage eine Sportstadt“, denn als Sportstadt zeigt sie sich schon seit einigen Jahrzehnten. Das wäre durchaus ein berechtigter Zusatz. Aber, wie sagt man so schön: „Was nicht ist, kann ja noch werden.“
Der Zusatz, Laage eine Ackerbürgerstadt, hatte jahrzehntelang, wenn nicht sogar jahrhundertelang, eine volle Berechtigung so genannt zu werden. Spätestens aber ab der 1960er Jahre ist diese Bezeichnung nicht mehr angebracht, denn seit dieser Zeit leben zwar noch Ackerbürger in Laage, aber sie üben keine typischen landwirtschaftlichen Tätigkeiten mehr aus. Das über lange Zeit gewohnte Bild von Pferdegespannen mit vollen Erntewagen und die gummibereiften Hänger mit vielen Milchkannen beladen, ist längst vorbei. Daneben veränderte sich auch mehr und mehr das Stadtbild. Bauliche Veränderungen an den Ackerbürgerhäusern und an den Scheunen folgten. Letztere fielen teilweise der Abrissbirne zum Opfer bzw. sie wurden umfunktioniert.
Was von der Ackerbürgerzeit bleibt, sind die Erinnerungen an bestimmte Namen, an Bilder, an Episoden, an die auch Hugo Hehl, ein – leidenschaftlicher Laager Chronist -, in seinen Veröffentlichungen immer wieder erinnerte. Mit der renovierten und rekonstruierten Scheunenstraße hat die Stadt sich ein Denkmal als bauliches Symbol einer vergangenen Zeit erhalten.
1.
Ein Methusalem von Baum, eine Linde,
in Polchow man hier finde.
Die Backsteinkirche, ein Möckelbau,
gleich davor, kommt sich gegen diesen Riesen
jugendlich vor.
Die Polchow plätschert träge dahin,
nur nicht eilen, so ist ihr Sinn.
Ihr Ziel ist die Recknitz in der schönen Recknitzaue,
sie ihr Wasser dem Fluß anvertraue.2.
Von weit von Pommern kommt sie in Polchow an,
die Handelsstraße, in den Annalen als Via-Regia bekannt.
Gleichaltrig zur Linde, 800 Jahre mögen es sein.
Was hat sich auf dieser Handels- und Heerstraße alles getan.
Die Via-Regia ist in Ost- West gerichtet und sie am Horizont
eine Recknitzfurt gesichtet.
Eine Furt über die Recknitz, als Lawena bekannt und wurde
daher als Brückenort benannt.3.
Die Stadt von uralten Linden umsäumt,
daher auch als Lindenstadt verträumt.
In ihren Mauern lebten einst berühmte Männer,
wie Susemihl, lntze, Beyer, Korff und Köhler.
1937, im Heimatlied von Fritzing Köhler, ein Traum, dass
Fliegen heute Wirklichkeit, vom Norden in den Süden.
In Kronskamp unter Rostock – Laage ein Airport entstand
und die Welt mit der Nachtflugpost verband.4.
Doch einst beim Einsiedler von dem Erfinder und Enthusiast
Albert Simon ein Fluggleiter als Laage 1 benannt.
Aus der Versenkung wieder entdeckt wurde der Nachbau vom
Urvogel Laage 1 geweckt.
Peter Wellbrock und Albrecht Simon schufen den Plan mit
Begeisterung und Elan.
Gelingen möge der Plan mit Glück und Sachverstand, dazu
wünschen wir allen eine gute Hand.5.
Laage, einst im Reiseführer als Luftkurort benannt,
das ist Geschichte, dafür heute als Luftübungsort bekannt.
Kronskamp, kaum bekannt, einst ein Domänenort.
Remonten {Militärpferde) wurden gezüchtet und auf dem
Bahnhof verladen, heute ein Industriestandort.
Die Festschrift zur 77 5- Jahr- Feier 1991, uns allen bekannt,
wurde gedruckt in der Partnerstadt Lage im Lipper-Land .
Oh, Laage, 788 Jahre bist Du nun alt und am
östlichen Stadtrand gewachsen.
Wir wünschen Dir und allen seinen Bürgern Kraft, Elan und
weiteres Gedeihen.
Obwohl der Zusatz -Laage eine Garnisonsstadt- früher und heute kaum verwandt wurde, hätte und hat er noch heute seine Berechtigung. Laut Duden ist eine Garnison die allgemeine Bezeichnung für einen Ort, an dem militärische Verbände, Truppenteile, Einheiten, Teileinheiten, militärische Dienststellen oder Einrichtungen ständig untergebracht sind. In Deutschland nennt man eine Garnison heute Standort.
Auf die Luftwaffe bezogen lautet der Standort in Laage „Fliegerhorst“. Seit 1984 ist der in Betrieb befindliche Militärflugplatz ein militärischer Ort, der definitiv den Beinamen „Garnisonsstadt“ hätte tragen können.
Mit dem im Jahre 1984 in Laage/Ortsteil Kronskamp errichteten Militärflugplatz begann für die Stadt Laage und Umgebung eine neue Epoche. Zwar war es zunächst nur ein streng bewachter Militärflugplatz, der sich aber bereits 6 Jahre später, und zwar unmittelbar nach Vollendung der deutschen Einheit, zu einem kombinierten Militär- und Zivilflughafen entwickelte.
Im Jahre 1990 erfolgte die Gründung der Flughafen GmbH Laage-Kronskamp und am 1. Oktober 1992 die Inbetriebnahme des zivilen Teils des Flughafens. So besaß Laage nunmehr einen Fliegerhorst und einen Zivilflugplatz. Die Laager Stadtväter mieden zwar den Zusatz, Laage eine Garnisonsstadt, aber mit der Namensgebung einiger Straßen im Ortsteil Kronskamp, wie Erich-Heinkel-Straße, Otto-Lilienthal-Allee, Graf-Zeppelin-Ring und Charles-Lindbergh-Straße zeigten sie die Verbundenheit der Stadt mit der „Fliegerei“.
Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass die Stadt schon im späten Mittelalter zeitweilig eine Garnisonsstadt war, da sie Soldaten zum Schutz der Stadt beherbergte. In der Stadtchronik von Peter Zeese heißt es dazu wie folgt: „1763 verlegte der Mecklenburger Herzog eine kleine Garnison nach Laage, zwei Unteroffiziere und etwa 20 Soldaten des Glürschen Regimentes. Sie mussten den Recknitz-Übergang bewachen, alle Durchziehenden scharf durchsehen und visitieren, um den Landstreichern habhaft zu werden. Sie stellte an der Brücke einen Posten auf, der dieselbe Tag und Nacht bewachte, auch war sie zur Stelle, um den gelegentlichen Gelüsten nach gewaltsamen Werbungen in der Umgebung tatkräftig entgegen zu treten. Auf Bitten der Stadt, die die Ausgaben für diese Garnison zu tragen hatte, wurde diese auf 10 Mann reduziert und der Rest 1771 abkommandiert. Und der Herzog bestimmte, dass aus Hagenow von den sogenannten Invaliden ein Unteroffizier und zwei Gemeine, die noch alte Gewehre hatten, nach Laage abgeben sollten.“
Den Zusatz Laage, eine Lindenstadt nannte erstmals der Stadtchronist Hugo Hehl in seinem unveröffentlichten Manuskript: „Eine Straße schreibt Geschichte“ im Zusammenhang mit der Fertigstellung der Bahnhofstraße im Jahre 1886. Die Anpassung von Lindenbäumen in dieser Straße und in weiteren Straßen der Stadt nahm er zum Anlass, von einer „Lindenstadt“ zu sprechen. Vor 12 Jahren erinnerte Hugo Hehl letztmalig an die Linden in der Stadt. Er hatte die Huldigung dieser Bäume und viele andere Dinge und Ereignisse der letzten hundert Jahre in Reime gefasst, und sie im Buch: „Kleines Laage-Journal 2004“ veröffentlicht. Als er die nachfolgenden Reime schrieb, war Laage 788 Jahre alt. Heute nun, im Jahre 2016, ist sie inzwischen 800 Jahre alt.
Hugo Hehl, der Verfasser dieser interessanten, mit Wortspielereien versehenen Aneinanderreihung von geschichtlichen Fakten und wissenswerten Dingen über die Stadt lebt zwar nicht mehr, aber der Inhalt ist damit festgeschrieben als ein Stück Laager Geschichte. Es wäre sicherlich ein großartiges Ereignis, wenn diese Zeilen eine Fortsetzung finden würden.
Das war quasi eine nachträgliche Hommage von Hugo Hehl an die 775-Jahr-Feier 1991. Er selbst kann diese Zeilen leider nicht mehr ergänzen, er starb am 17.02.2008 im Alter von 80 Jahren. Und nun zur Zusatzbezeichnung „Luftkurort Laage“. Traum oder Wirklichkeit? Obwohl eine offizielle Postkarte mit der Beschriftung: „Luftkurort Laage“ mit dem Bild des Hotels „Stadt Brandenburg“ um die Zeit von 1935 bis 1945 im Umlauf war, bleibt ein Zweifel an der Richtigkeit bestehen, denn es gab zu dieser Zeit noch Straßen ohne Kanalisation mit fataler Geruchsbelästigung. Da klingt der Name „Luftkurort“ schon komisch. Auch in den gerade zitierten Reimen von Hugo Hehl heißt es nur kurz und knapp: „Laage, einst im Reiseführer als Luftkurort benannt, das ist Geschichte, dafür heute als Luftübungsort bekannt.“ Ein bisschen Hohn und Spott klingt da schon durch. Vielleicht können weitere Zeitdokumente und noch lebende Zeitzeugen zur weiteren Aufklärung beitragen.
Quellen:
Das unveröffentlichte Manuskript von Hugo Hehl: „Eine Straße
schreibt Geschichte“,
„Die Laager Stadtchronik“ von Peter Zeese,
„Kleines Laage-Journal 2004“,
„Festschrift zur 775-Johrleier 1991 „,
Eigene Erinnerungen.
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